(R)eine Herzenssache



Das Herz ist das Zentralorgan des Lebens: Wird es krank, leidet schnell der gesamte Organismus. Die Folgen sind nicht selten lebensbedrohlich. Es gibt kein Leiden, an dem weltweit mehr Menschen sterben als an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb ist die Gesundheitsforschung auf diesem Gebiet besonders gefragt.

Das Herz ist ein organischer Hochleistungsmotor: Es pumpt am Tag rund 7.000 Liter durch ein weit verzweigtes System aus Blutgefäßen. Das entspricht in etwa dem Volumen eines Tankwagens. Dazu schlägt es etwa 60 bis 90 Mal pro Minute. Innerhalb von 80 Lebensjahren sind das rund drei Milliarden Herzschläge. Gerät dieser Motor ins Stocken, herrscht schnell höchste Alarmstufe: Alle zwei Minuten erleidet in Deutschland ein Mensch einen Herzinfarkt. Für fast 60.000 Betroffene endete der Infarkt im vergangenen Jahr tödlich.

Herzinfarkte sind neben Schlaganfällen die bekannteste und gefährlichste Herz-Kreislauf-Erkrankung. Beide werden meist durch Arteriosklerose verursacht. Dabei verursachen Ablagerungen in den Blutgefäßen Durchblutungsstörungen. Sie können bis zum Gefäßverschluss führen, so dass lebenswichtige Organe nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.

Die Folgen sind oft dramatisch. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts aktuell für 41 Prozent aller Todesfälle verantwortlich – und damit die mit Abstand häufigste Todesursache. Insgesamt erliegen ihnen hierzulande jährlich mehr als 350.000 Menschen. Besonders Ältere sind betroffen: 2010 waren 92 Prozent der Verstorbenen 65 Jahre oder älter. Auch weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf dem Vormarsch: In der Statistik der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben sie die lange Zeit vorherrschenden Infektionskrankheiten als Todesursache Nummer eins inzwischen abgelöst. 

Risikofaktoren minimieren

Laut WHO wären mehr als die Hälfte der Todesfälle durch Prävention vermeidbar. Insbesondere das Rauchen, zu viel Alkohol, ungesunde Ernährung, Stress und zu wenig Bewegung erhöhen das Krankheitsrisiko. Häufig sind Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhte Cholesterinwerte die Folge dieses Lebenswandels – Faktoren, die auf Dauer auch das Herz schädigen können. Damit wird nicht zuletzt auch die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen für seine Gesundheit aufgeworfen. Schließlich wird jeder siebte Euro im Gesundheitssystem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ausgegeben – jährlich 37 Milliarden Euro.

Durchbrüche der Gesundheitsforschung

Neben den vermeidbaren kardiovaskulären Erkrankungen gibt es allerdings noch eine Reihe weiterer gefährlicher Krankheitsbilder, deren Risiko nicht durch gesundheitsförderndes Verhalten minimiert werden kann. Etwa jedes 100. Kind kommt in Deutschland mit einem Herzfehler auf die Welt – die häufigste angeborene Fehlbildung beim Menschen. Im Einzelfall können die Fehlbildungen harmlos sein, in anderen Fällen sind sie jedoch so komplex, dass sie einer besonderen ärztlichen Betreuung und mitunter mehrerer Operationen bedürfen.

Diagnose und Therapie dieser Krankheiten konnten durch die Gesundheitsforschung vergangener Jahre erheblich verbessert werden. Durch moderne Diagnosemethoden werden heute die meisten Herzfehler bereits im ersten Lebensjahr festgestellt, schwere Fehlbildungen sogar häufig noch im Mutterleib. Dafür sorgt in erster Linie die Echokardiographie, eine Ultraschalluntersuchung, die die gesamte Herzstruktur erfassen kann. Auch dank einer immer fortschrittlicheren Herzchirurgie und Kathetertechnik lassen sich viele Defekte am Herzen heute beheben. Die  Überlebensrate betroffener Kinder hat sich damit in den vergangenen Jahrzehnten von etwa 30 Prozent auf heute 90 Prozent verdreifacht.

Vernetzung der Forschung

Eine Herausforderung der Gesundheitsforschung besteht nun darin, die Lebensqualität der jungen Patienten langfristig zu erhalten. Denn neben fälligen Kontrolluntersuchungen und möglichen Nachoperationen im Kindesalter gibt es auch im Erwachsenenleben Krankheitsfolgen, die das Wohlbefinden mindern können. So gehen Herzfehler häufig mit körperlichen Beeinträchtigungen einher: Betroffene sind im Alltag und Arbeitsleben weniger belastbar. Psychische Leiden bis hin zur Arbeitsunfähigkeit können die Folge sein. Um den langfristigen Krankheitsverlauf zu erforschen, hat das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Kompetenznetz Angeborene Herzfehler (AHF) daher ein Nationales Register für angeborene Herzfehler angelegt, in dem über 40.000 Patientendaten gespeichert sind. Zudem baut das AHF eine Biomaterialbank auf, um die genetischen Ursachen von Herzfehlern zu ergründen.

Fortschritte in der Gesundheitsforschung sind heute auf das Zusammenspiel vieler Disziplinen und Spezialisten angewiesen. In weiteren Kompetenznetzen lässt das BMBF daher die Herzinsuffizienz, also die Unfähigkeit des Herzens, die vom Körper benötigte Blutmenge zu pumpen, und das Vorhofflimmern, eine Herzrhythmusstörung, die für etwa jeden dritten Schlaganfall in Deutschland verantwortlich ist, untersuchen. Im April 2011 gab das BMBF zudem den Startschuss für das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK): Bundesweit bündeln mehr als 120 Expertinnen und Experten ihre Kräfte, um in großangelegten Studien die Forschung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiter voran zu bringen.

 

Mehr Informationen:

Zur WHO Themenbereich Herzerkrankungen

Zum Kompetenznetz Angeborene Herzfehler

Zum Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) auf den Seiten des BMBF