Krankheitskeime wird es immer geben

Foto: PT DLR / BMBF

Von harmlos bis tödlich. Bakterien, Viren und Pilze geben ständig neue Rätsel auf. „Bakterien gibt es schon seit Anbeginn der Welt. Die Zeit, in der Menschen versuchen, sich gegen sie zu wehren, gleicht mehr einem Wimpernschlag in der Geschichte“, sagt Experte Martin Krönke. 

Der Immunologe der Uniklinik Köln und Sprecher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung kennt den ungleichen Kampf zwischen Mensch und Erregern wie Bakterien aber auch Viren oder Pilzen nur zu gut.

Immer wenn man glaubte, sich schützen zu können, waren die Erreger bereits einen Schritt weiter. Bakterien werden resistent gegen existierende Antibiotika und können wieder krank machen. Viren wechseln den Wirt und können so Jahre oder sogar Jahrzehnte unerkannt überdauern.

Infektionen als häufigste Todesursache

Die Entdeckung des Penicillins durch Alexander Fleming im Jahr 1928 brachte der Medizin eine entscheidende Waffe im Kampf gegen bakterielle Infektionen. Die aktuellen Krankheitsstatistiken der Weltgesundheitsorganisation WHO belegen allerdings, dass das Problem dadurch nicht gelöst wurde. Unter den zehn häufigsten Todesursachen weltweit finden sich allein fünf Infektions-Erkrankungen: Solche der unteren Atemwege, aber auch Durchfallerkrankungen, HIV/AIDS, Tuberkulose und Neugeboreneninfektionen.

Lebensbedingungen verändern sich

„Die Lebensbedingungen der Menschen verändern sich, und jeder Wandel bringt auch neue Situationen für den Infektionsforscher mit sich“, sagt Jörg Vogel, Leiter des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie an der Universität Würzburg. So wie das Warmwasser in unseren Gebäuden krankheitserregende Legionellen fördert, könnte auch die Luftzirkulation in Niedrigenergiehäusern neue Keime auf den Plan rufen. „Auch durch Reisen von einer Ecke der Welt zur anderen werden Erreger transportiert, auf die die Bevölkerung nicht vorbereitet ist“, sagt Vogel.

Jüngstes  Beispiel dafür war die SARS-Epidemie, die 2002 und 2003 weltweit etwa eintausend Todesopfer gefordert hat. SARS – eine atypische Lungenentzündung – wurde zuerst in der chinesischen Provinz Guangdong beobachtet. Kurz darauf traten im 10.000 Kilometer entfernten Großraum Toronto mehrere hundert SARS-Infektionen auf, die teilweise tödlich verliefen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass viele der ersten kanadischen SARS-Patienten im selben Hotel untergebracht waren und die Erkrankung dann mit dem Flugzeug nach Kanada gebracht hatten.

Rückkehr der Cholera

Auch Umweltkatastrophen können die Entwicklung von Infektionskrankheiten beeinflussen, sagt Infektionsbiologe Jörg Vogel. So kehrte nach dem Erdbeben auf Haiti im Januar 2010 die Cholera zurück. Die krankmachenden Keime wurden durch verunreinigtes Wasser oder infizierte Nahrung übertragen und wurden möglicherweise aus Asien eingeschleppt. „Der Kampf gegen Bakterien und Viren wird niemals enden“, betont Vogel, dennoch gehe es den Menschen heute – dank der Fortschritte  der Infektionsforschung – so gut wie noch nie. „Ohne die langjährige Erforschung der Ehec-Bakterien an der Universität Münster, hätte man den Stamm des Erregers niemals so schnell identifizieren können. Noch vor ein paar Jahrzehnten wären sicherlich viel mehr Menschen an diesem Keim gestorben“, beschreibt der Gesundheitsforscher. 

Krankenhausbakterien robust gegen Antibiotika

Infektionskrankheiten stehen in weniger entwickelten Ländern und speziell in vielen tropischen Ländern ganz vorne auf der medizinischen Agenda. Aber auch in den Industrienationen sind sie keineswegs ausgestorben. In den vergangenen Jahren mussten Medizinerinnen und Mediziner feststellen, dass Infektionen nach wie vor große Aufmerksamkeit verlangen und die Gesundheitsforschung vor neue Aufgaben stellt. Denn allen Erfolgen zum Trotz hat auch die moderne Hochleistungsmedizin neue Lebensräume geschaffen, an die sich Keime anpassen. Leider gehören auch die Krankenhäuser, speziell die Intensivstationen, dazu. Dort können sich robuste Bakterienstämme etablieren, die unempfindlich sind gegen viele Antibiotika. Es wird geschätzt, dass in Deutschland pro Jahr 10.000 bis 20.000 Menschen an Krankenhausinfektionen sterben.

Krebs als Folge von Infektionen

Deshalb fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Infektionsforschung in Deutschland im Rahmen der Projektförderung mit ca. 40 Mio in diesem Jahr. Denn die Folgen so mancher Infektion können dramatisch sein: Leberkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Magenkrebs sind drei häufige Tumorerkrankungen, an denen Infektionen mit Viren oder Bakterien ursächlich beteiligt sind. Bei anderen Krebsformen wird das diskutiert. Auch einige chronisch-entzündliche Erkrankungen könnten Langzeitfolgen von Infektionen sein. Das sind Gründe genug für die Gesundheitsforschung, kontinuierliche Forschung zu betreiben.

 

 

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