„Wir, die Schweinegrippe?“

Im Sommer 2009 erkrankte Bernhard Liedmann (48) an dem damals grassierenden H1N1-Virus. Schließlich war seine ganze Familie betroffen. Zur Erkrankung kam die Furcht, sich mit etwas völlig Unbekanntem – und umso Bedrohlicherem – infiziert zu haben.

Er saß eine Reihe hinter mir. Im Flieger hatte mich das ewige Gehuste des jungen Mannes zwar genervt, gedacht habe ich mir jedoch nichts. War er der Grund, warum unser Leben für Wochen auf den Kopf gestellt wurde? Doch damals ahnte von uns noch niemand, dass sich bei der Rückkehr aus dem Mallorca-Urlaub fast meine ganze Familie mit der Schweinegrippe infiziert hatte. Kaum waren wir zu Hause, ging es los: Erst bekam meine vierjährige Tochter schlimmes Fieber und Husten, dann meine Frau. Krampfartige Hustenanfälle, Schüttelfrost, hohes Fieber.

Als ich zwei Tage später wach wurde, wusste ich: Auch mich hat es erwischt. Leichtes Fieber, Husten. Ich war wie erschlagen, schon das Treppensteigen fiel schwer. Also schleppte ich mich zu unserem Hausarzt, der ging auf Nummer sicher und machte einen Abstrich mit Wattestäbchen in Nase und Rachen.

Diagnose

Schon acht Stunden später – die Labore arbeiteten wohl unter Hochdruck – rief uns der Arzt an. Diagnose: Influenza A, Typ H1N1. Meine Frau bekam das gleiche Ergebnis. Das war ein Schock: Wir, die Schweinegrippe? Zu den allgemeinen Grippe-Symptomen kam eine besondere Angst: Die Aufregung rund um das Thema Schweinegrippe war damals groß, man hatte das Gefühl, eine Krankheit zu haben, deren Folgen nicht bekannt und absehbar waren. Würde es noch schlimmer werden?

Auch unser Umfeld reagierte ängstlich, die ganze Familie wurde in Quarantäne gesteckt. Uns störte das wenig, wir fühlten uns ohnehin so elend, dass wir das Bett nur in Notfällen verließen. Blöd war es vor allem für meinen neunjährigen Sohn. Ihm ging es gut, er schien immun gegen das Virus zu sein – trotzdem musste er mit uns im Haus bleiben. Gekümmert hat sich in dieser Zeit keiner so richtig um ihn, dazu waren meine Frau und ich viel zu angeschlagen. Nur das Notwenigste ging. Ganz schön öde sei das gewesen, hat er sich nachher beklagt.

Unter Quarantäne

Eine Woche durften wir das Haus nicht verlassen. Niemanden treffen. Das wollte organisiert werden. Meine Schwiegermutter holte unsere Rezepte für die Grippemittel beim Arzt ab. Die Arzthelferin war wohl sichtlich erleichtert, dass wir nicht selbst kamen. Die Kontakte zur Außenwelt beschränkten wir auf ein Minimum, wir fühlten uns wie Aussätzige.

Zuhause litt die ganze Familie still vor sich hin. Gegessen wurde wenig, schon beim Anblick einer Scheibe Salami musste sich meine Frau übergeben. Mich traf die neue Grippe dann nach vergleichbar leichtem Start mit voller Wucht: eines Morgens erwachte ich mit über 39 Grad Fieber, der Husten war unerträglich. Ich hatte das Gefühl, eine Virus-Attacke nach der nächsten zu erleben.

Bei meiner Tochter war nach fünf Tagen wieder alles normal, meine Frau hatte länger etwas davon. Und noch standen wir ja sowieso unter Hausarrest. Irgendwann kam der Lagerkoller, allen fiel die Decke auf dem Kopf. Vor allem mein Sohn konnte es kaum noch aushalten. Die Spielesammlung wurde herausgekramt, eines Abends machten wir vorsichtig einen Spaziergang in einem abseits gelegenen Stück Wald. Das uns auch ja keiner sieht!

Genesung

Nach vier, fünf Tagen – ich kann es gar nicht mehr so genau sagen – entspannte sich die Lage im Hause Liedmann langsam. Auch in der Welt draußen – das Fernsehen war unser wichtigster Kontakt zum Rest der Welt – wurde in ruhigeren Tönen über H1N1 berichtet. Alles war wieder unter Kontrolle, auch bei uns.

Ich war mehr als erleichtert, als ich wieder arbeiten gehen konnte. Die Kollegen wollten natürlich wissen, wie das so ist, die Schweinegrippe zu haben. Es ist eine heftige Grippe, erklärte ich dann und fühlte mich ein wenig wie ein Exot. Immerhin konnte ich durch meine Schilderungen dazu beitragen, dieser bislang so mysteriösen Erkrankung ein wenig den Schrecken zu nehmen.

 

Hintergrundinfo Schweinegrippe
Die Schweinegrippe (H1N1), auch neue Grippe genannt, ist eine Virus-Erkrankung. Sie äußert sich wie die „normale“ Grippe in Fieber, Husten, Halsschmerzen, Schnupfen, Muskel-, Glieder- und Kopfschmerzen und einem allgemeinen Krankheitsgefühl (Frösteln, Mattigkeit). Schweinegrippe und saisonale Grippe werden durch verschiedene Varianten des Influenza-Virus verursacht, die Symptome sind allerdings insgesamt ähnlich. Bei den beobachteten Fällen von Schweinegrippe litt ein hoher Anteil der Erkrankten aber zusätzlich oder ausschließlich unter Erbrechen und Durchfall. Nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO vom 16. Oktober 2009 verlief die Schweinegrippe beim Menschen meist milde und ohne Komplikationen. „Besorgniserregend“ war laut WHO allerdings, dass die neue Grippe in Einzelfällen sehr schwer verlief oder sogar tödlich endete – auch bei jüngeren Menschen.    Im August 2010 wurde die Schweinegrippe-Pandemie von der WHO offiziell für beendet erklärt. In den Wintermonaten 2010/2011 traten erneut vereinzelte Fälle der Grippe-Erkrankung in Deutschland auf. Sie sorgten anfänglich für Unruhe, es blieb jedoch bei Einzelfällen. Mittlerweile ist in einer üblichen jährlichen Grippe-Impfung auch ein Impfstoff gegen den H1N1-Erreger enthalten.

 

 

Weitere Informationen:

Bundesforschungsministerium
Alles zum Thema Gesundheitsforschung im Bereich Infektionskrankheiten und Entzündungen stellt das Bundesforschungsministerium bereit:
Infektionskrankheiten und Entzündungen

 

Bundesgesundheitsministerium / Robert Koch Institut
Allgemeine und aktuelle Informationen finden Sie unter: 
Allgemeine EHEC-Informationen
Aktuelle Empfehlungen

 

Biotechnologie.de
Unser Partner biotechnologie.de berichtet aktuell aus der Forschung, etwa vom Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster: 
Infektionsforscher jagen das EHEC-Bakterium

 

Bundesinstitut für Risikobewertung
Das Bundesinstitut für Risikobewertung bietet zweierlei: 
Verbrauchertipps zum Schutz vor Infektionen mit enterohaemorrhagischen E. Coli (EHEC)
Informationsseite rund um EHEC
Empfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung zu EHEC

 

Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
Unser Partner, die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen bietet auf Ihrer Internetplattform zahlreiche Hintergrundinformationen:
Hintergrundinformationen zu den aktuellen EHEC-Infektionen

 

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Umfassende Hinweise zu Hygiene und Tipps zur Vermeidung von Infektionen mit EHEC bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung:
EHEC-Infektionen: Hygiene beachten

 

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene
Das Institut hat gemeinsam mit Forschern des Beijing Genomic Institut das Erbgut des EHEC-Erreger entschlüsselt.
Zum Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene

 

Konsiliarlabor für Hämolytisch– Urämisches Syndrom (HUS)
Aktuelle mikrobiologische Laborergebnisse im Rahmen des EHEC Ausbruchs
Zu den Laborinformationen zum EHEC Ausbruchsstamm

 

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