Neue Herausforderungen für die Infektionsforschung

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Medizinischer Fortschritt bedeutet nicht nur die Lösung bestehender Probleme. Der Einsatz heilversprechender Medikamente kann auch Resistenzen erzeugen und damit neue Schwierigkeiten für die gesundheitswissenschaftliche Forschung und Praxis generieren.

Ein Impfstoff gegen den Krankenhauskeim "methicillinresistenter Staphylococcus aureus", kurz MRSA – das wäre ein Traum. An der Erfüllung dieses Traumes arbeitet der Gesundheitsforscher Martin Krönke mit seinem Team am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und der Uniklinik Köln. Herausforderung  für die  Immunologen ist die Besonderheit von MRSA-Bakterien, die gegen die meisten Breitband-Antibiotika resistent sind. Für gesunde Menschen mit einer starken Immunabwehr sind MRSA-Bakterien harmlos. Ist die Abwehrkraft geschwächt, kann es jedoch zu einer Ansteckung kommen. Infektionen mit MRSA sind vor allem in Krankenhäusern und Altenheimen ein häufiges Problem. „Wir haben drei Antikörper identifiziert und wollen zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut die weiteren Schritte in der Entwicklung tun“, beschreibt Krönke.

Antibiotika verlieren an Schlagkraft

Ebenfalls ganz nah an der klinischen Realität der Patienten arbeitet Mathias Pletz, Professor für klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ). Eines seiner wichtigsten Projekte nennt er den Aufbau eines „Konsildiensts“ für das gesamte Krankenhaus: In allen Fällen sollen Infektiologen etwa gemeinsam mit Chirurgen nach einer Operation den gezielten Einsatz von Antibiotika beraten. „Infektiologen können bei akuten Infektionen unmittelbare und kausale Heilungserfolge erzielen, wie sonst eigentlich nur die Chirurgen", sagt Pletz. „Doch unsere wirksamsten Waffen, die Antibiotika, verlieren durch den unsachgemäßen Einsatz an Schlagkraft." Deshalb plant er neue Therapien gegen resistente Erreger und setzt dabei nicht auf den breiten Einsatz der wenigen verbleibenden Antibiotika. Er verfolgt zum Beispiel molekularbiologische Ansätze, die aus Bestandteilen des angeborenen Immunsystems neue Wirkstoffe entstehen lassen, oder arbeitet an der Entwicklung eines Schnelltests für Bakterien, die eine breite Resistenz gegen „beta-Laktame" (die in der Klinik am häufigsten eingesetzte Antibiotikagruppe) entwickelt haben.

Neue Wege

Auch das Team um Winfried V. Kern, Leiter der Abteilung Infektiologie am Universitätsklinikum Freiburg, beschäftigt sich mit der zunehmenden Antibiotika-Resistenz. „Wir müssen noch viel lernen über dieses Phänomen“, sagt Kern. Zum Beispiel warum manche Resistenzeigenschaften von Erreger zu Erreger weitergegeben werden und andere nicht. Sein Team und er erforschen die Mechanismen und Regulationen, die zu einer verminderten Antibiotikakonzentration in der Bakterienzelle selbst und damit zu teilweise deutlich verminderter Wirksamkeit führen.
Bedauerlicherweise erzielen Antibiotika nicht mehr so oft wie früher den gewünschten Erfolg, der allzu breite Einsatz bestehender Antibiotika hat viele Bakterien dagegen unempfindlich werden lassen. So ist die Entwicklung neuer Antibiotika, aber auch die Erforschung weiterer Behandlungsstrategien zentrales Forschungsgebiet der Infektiologen und Immunologen. Die Gesundheitsforschung muss also immer neue Wege ergründen und über den Tellerrand hinaus blicken, um die mit dem gesellschaftlichen Wandel entstehenden medizinischen Aufgaben bewältigen zu können. Dazu soll das Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung beitragen.

Weitere Artikel:

Strategie gegen Antibiotika-Resistenzen

 

Weiterführende Informationen:

Forschungsverbund RESET
Der Forschungsverbund RESET beschäftigt sich mit der Erforschung von Resistenzen gegen Antibiotika in einer Gruppe von Bakterien, den Enterobakterien. Dazu zählen unter anderem Escherichia (E.) coli und Salmonella (S.) enterica, die nicht nur bei Menschen, sondern auch in Tieren und in der Umwelt vorkommen. Resistente Bakterien in Tieren können den Menschen über Lebensmittel erreichen.
www.reset-verbund.de

Zoonosen Plattform
Die ressortübergreifende nationale Plattform für Zoonosen koordiniert und vernetzt die Zusammenarbeit der geförderten Vorhaben zu zoonotischen Infektionskrankheiten. (Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die von Tier zu Mensch und von Mensch zu Tier übertragbar sind.)
www.zoonosen.net

GO-Bio
Die „Gründungsoffensive Biotechnologie“ (GO-Bio) soll Gründungen im Bereich der Biotechnologie anstoßen und unterstützen. Die Fördermaßnahme richtet sich an gründungsbereite Teams aus den Lebenswissenschaften, darunter auch zwei Gruppen, die neue Antibiotika gegen resistente Krankheitserreger suchen.
www.go-bio.de

Internationale Initiative
Die europäische Förderinitiative „European and Developing Countries Clinical Trials Partnership“ (EDCTP) fördert und vernetzt Forschungsinitiativen in Europa und Afrika zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS, Malaria und Tuberkolose. Es werden klinische Studien und kapazitätsbildende Maßnahmen durchgeführt. www.edctp.de

Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART)

Gemeinsame Broschüre des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zum Thema "Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie".
Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) (PDF, 837 KB, nicht barrierefrei)

 

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