Wenn die Seele krank wird

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Die landläufig bekannte Definition greift zu kurz: Gesundheit ist mehr als die Abwesenheit von Krankheit und körperlichen Gebrechen. Sie umfasst entscheidend auch die seelische Gesundheit – deshalb betont das Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung ausdrücklich den ganzheitlichen Ansatz gemäß der Definition der Weltgesundheistorganisation.

„Leider wird dies vielfach nicht erkannt“, sagt Wiebke Ahrens vom Aktionsbündnis Seelische Gesundheit. Auf der einen Seite werde die seelische Gesundheit als Selbstverständlichkeit angenommen. Die Möglichkeit einer Erkrankung, die genau wie ein körperliches Leiden medizinisch diagnostiziert und behandelt werden kann, wird oft nicht beachtet. An dieser Stelle setzt das Aktionsbündnis an: Es informiert grundsätzlich über seelische Gesundheit, will aufklären und dafür sorgen, dass eine psychiatrische Erkrankung die Betroffenen bald nicht mehr stigmatisiert. Mehr als 60 Mitgliedorganisationen haben sich im Netzwerk des Verbands zusammengeschlossen.

An wen aber können sich Menschen wenden, die an einer neurologischen oder psychiatrischen Erkrankung leiden? Sie können sich beim Aktionsbündnis informieren und werden von dort zu den entsprechenden Beratungsstellen weitergeleitet, denn unter den derzeit 60 beteiligten Organisationen finden sich wichtige Selbsthilfegruppen, Ärzteverbände, wissenschaftliche Fachgesellschaften sowie medizinische Kompetenznetze. Auch die sogenannten „Krankheitsbezogenen Kompetenznetze“, mit denen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Vernetzung der Akteure in Forschung und Versorgung stärken will, halten Informationen für Betroffene bereit. Diese Forschungsverbünde gibt es für folgende Erkrankungen: Depression, Suizidalität, Schizophrenie ,Parkinson-Syndrom, Schlaganfall und Demenzen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) engagiert sich für Betroffene psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen. In der medizinischen Fachgesellschaft sind heute mehr als 5.900 Ärzte und Wissenschaftler zusammengeschlossen. Sie haben die Vision einer Gesellschaft, in der Menschen mit psychischen Erkrankungen unbehelligt von Vorurteilen leben können und in der sie die ihnen entsprechende Zuwendung und die notwendigen Hilfen erhalten. Im vergangenen Jahr wurde auf Initiative der DGPPN ein Europäisches Netzwerk gegründet. Dieses bietet eine Plattform, um den Austausch der Fachgesellschaften zu fördern und die Interessen zu bündeln. Noch deutlicher sollen Position gegenüber europäischen Institutionen bezogen, Drittmitteleinrichtungen und anderen Verbänden involviert werden. Die Neugründung wird von der aus Einzelmitgliedern bestehenden europäischen Organisation, der European Psychiatric Association (EPA), unterstützt.

Eine wichtige Aufgabe ist die Unterstützung der Familie eines von Depression oder Schizophrenie betroffenen Menschen. In diesen Fällen engagiert sich der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK), der mittlerweile in jedem Bundesland ansässig ist und mehr als 500 lokale Selbsthilfegruppen zu seinen Mitgliedern zählt. „Wir fragen nie nach der Diagnose“, beschreibt Sprecherin Beate Lisovsky. So unterschiedlich die psychischen Erkrankungen, so ähnlich sind doch die Probleme für die nächsten Verwandten. Besonders bei schweren Erkrankungen wie Psychosen oder Borderline haben die Angehörigen und Freunde der Betroffenen viele Ängste, Fragen und Sorgen. „Die erkrankten Menschen verändern sich, entwickelen abstruse Ideen“, beschreibt Beate Lisovsky. Selbst dann, wenn eine Therapie erfolgt, wissen viele Angehörige nicht, wie sie mit ihrem Partner, ihren Müttern, Vätern oder Kindern umgehen sollen. „In der Behandlung werden die Familien selten integriert, die Schweigepflicht wird von Ärzten hochgehalten, so dass die Angehörigen nicht wissen, woran sie sind“, so die Expertin. Der BapK setzt neben der verstärkten Einbeziehung von Familien auf die stärkere Vernetzung der einzelnen Akteure. „Der klinische und ambulante Bereich müsste enger zusammen geführt werden“, so Beate Lisovsky. „Damit ein Betroffener, wenn er aus der Klinik kommt, nicht Wochen auf einen Termin beim Psychiater oder Psychotherapeuten warten muss“.

 

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