Dr. Katja Heubach, Institut Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (BiK-F)

Forscherin Dr. Katja Heubach im Gespräch

"Aus dem alltäglichen Stau in unseren Städten lernen: Öfter auf’s Rad – insbesondere jetzt, wo die Sonne wieder lacht!"

 

"Ich beschäftige mich mit dem (ökonomischen) Wert von Ökosystemdienstleistungen (engl. ecosystem services), d.h. Produkten und Dienstleistungen, die unabdingbar für das menschliche Wohlergehen sind – und uns von der Natur kostenlos zur Verfügung gestellt werden: Ohne Biomasseproduktion zum Beispiel keine Nahrung, ohne die Wasserfiltrierung eines Waldes kein sauberes Trinkwasser und ohne dessen Funktion als Kohlenstoffspeicher keine lebensfreundliche Atmosphäre. Allerdings bedrohen Klimawandel, Biodiversitätsverlust, Bevölkerungswachstum sowie steigende Nachfrage nach natürlichen Ressourcen die ÖDL. Hinzu kommt, dass die ökonomischen Beiträge der ÖDL zu unseren Volkswirtschaften nicht in unseren Handlungsentscheidungen abgebildet, das heißt, sie werden kaum in gängigen Kosten-Nutzen-Analysen berücksichtigt. Ein solches Marktversagen begünstigt auf dramatische Weise die nicht-nachhaltige Nutzung unserer Biosphäre – mit allen negativen Konsequenzen für Menschen, Pflanzen und Tiere. Die ökonomische Bewertung der ÖDL erlaubt es uns, diesen Wert an die Gesellschaft und insbesondere die Entscheidungsträger zu kommunizieren, damit nachhaltige Entwicklung möglich wird."


Bitte setzen Sie den folgenden Satz fort: Nachhaltigkeit bedeutet für mich ...

Dr. Katja Heubach: … das eigene Handeln im Kontext eines komplexen, globalen Systems verstehen lernen, um daraus den Schluss zu ziehen, welche meiner Handlungsalternativen die utilitaristischste ist – für Mensch, Tier und Pflanze.


In welchem Projekt forschen Sie zurzeit?

Dr. Katja Heubach: Ich forsche zu den Mensch-Natur-Beziehungen in Savannenökosystemen in Benin, Westafrika und untersuche die ökonomische Bedeutung der Wildpflanzen und -produkte (u.a. Früchte, Wurzeln, Blätter) für die ländliche Bevölkerung. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur täglichen Ernährung, medizinischen Versorgung, zum Hausbau sowie zur Energieversorgung – und vielem mehr. Die Wildpflanzen  stellen eine kostenlose Versorgungsquelle dar, die zudem ein wichtiges Nebeneinkommen schafft. Leider sind diese Produkte stark von Klima- und Landnutzungswandel bedroht – und damit auch deren Nutzen für die Familien, der von lokalen Entscheidungsträgern bislang schlichtweg übersehen wurde, da keine entsprechenden Zahlen vorlagen. Unsere aktuellen Ergebnisse – Wildprodukte tragen bis zu 39 Prozent zum Haushaltseinkommen bei – helfen, solche Landnutzungsentscheidungen zu verbessern.

 

Wie könnten Ihre Forschungsergebnisse unser Leben verändern?

Dr. Katja Heubach: Ziel dieser Modellierung ist es, Handlungsempfehlungen für lokale Entscheidungsträger zu entwickeln, die die Wildpflanzen als essentielle Ökosystemdienstleistungen für die lokalen Gemeinden langfristig sichern helfen. Da mit dem Erhalt der Wildpflanzen gleichzeitig andere Ökosystemdienstleistungen, wie z.B. Kohlenstoffspeicherung, Wasser- und Klimaregulierung oder auch Erosionsschutz einhergehen, ist es besonders wichtig, auf den Wert der Savanne eindringlich hinzuweisen und Handlungsoptionen im Nutzungskonflikt mit ökonomischen Alternativen aufzuzeigen. Dabei können unsere Forschungsergebnisse aus Westafrika auf Agroforstsysteme in ähnlichen Naturräumen und mit ähnlichen Rahmenbedingungen in Entwicklungsländern weltweit übertragen werden.

In unserem Forschungsgebiet in Westafrika gibt es eine von Beninern gegründete Nicht-Regierungsorganisation, REDERC, die sich explizit dem Schutz der heimischen natürlichen Ressourcen widmet. Gemeinsam mit REDERC sowie einem Netzwerk aus etwa 100 traditionellen Heilern wurde vor zehn Jahren ein Botanischer Garten in Papatia, Nordbenin, eingerichtet. Derzeit entsteht darüber hinaus ein Nutzwald, in dem, basierend auf unseren partizipativen Studien mit der Dorfbevölkerung, die sozio-ökonomisch wichtigsten Gehölzarten gepflanzt werden, um die Versorgung der Bevölkerung mit diesen weiterhin gewährleisten zu können.

Mein persönlich größtes Anliegen ist es, zu einem besseren Austausch zwischen Wissenschaftlern und Politiker, d.h. jedweder Art von Entscheidungsträgern, beizutragen. Wir müssen versuchen, unsere Sprachen jeweils so deutlich für die jeweils andere Partei zu sprechen, dass wir tatsächlich eine nachhaltige Entwicklung unseres – einzigen – Planeten erreichen können.

 

Institut Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt

 

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