Zum Wissenschaftsjahr 2018
Tiefseekrake hat Quallen zum Fressen gern

Tiefseekrake hat Quallen zum Fressen gern

Quallen dienen Tiefseekraken als Nahrung und Abwehrschild

Tiefseeroboter filmen Jagdverhalten des Kraken Haliphron atlanticus

Allein die schiere Größe und Tiefe der Ozeane erschwert Menschen, Meeresbewohner in ihrer Vielfalt zu studieren. Seltene Arten wie der Tiefseekrake Haliphron atlanticus befinden sich zwar auf dem Schirm der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Wie sich der Krake ernährt, war bisher jedoch kaum erforscht. Meeresbiologinnen und -biologen des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) haben jetzt Filmaufnahmen von Tiefseerobotern ausgewertet. Die Aufnahmen belegen, dass die Tiere sich zumindest teilweise von Quallen ernähren. Offenbar verwenden sie ihre Beute sogar zum Eigenschutz.

„Haliphron atlanticus gehört zu den größten bekannten Krakenarten überhaupt. Weibchen können eine Länge von bis zu vier Metern und ein Gewicht bis zu 75 Kilogramm erreichen, während die Männchen nur knapp 30 Zentimeter lang werden. Die Art lebt in der Tiefsee und ihre Lebensweise ist bisher kaum bekannt“, erklärt Dr. Henk-Jan Hoving (GEOMAR). Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des MBARI haben die Spezies in den vergangenen 27 Jahren nur drei Mal lebend gesichtet. Gelegentlich tauchen jedoch Tiere auf, die in Netzen von Trawlern verendet sind.

Diese schwer auffindbaren Lebewesen hat das MBARI-Team nun mit Hilfe von ferngesteuerten Unterwasserrobotern gefilmt. In der Monterey Bay und vor Hawaii entdeckten die Forscherinnen und Forscher ein Exemplar, das eine große Qualle in seinen Armen festhielt. Das blieb kein Einzelfall, wie andere Aufnahmen der Expedition bestätigten. „Als wir anschließend den Mageninhalt von fünf toten Exemplaren unter die Lupe nahmen, konnten wir erkennen, dass sie ebenfalls Quallen und andere gelatinöse Beute gefressen hatten“, berichtet Hoving. Das erlaube den Schluss, dass Quallen für den Tiefseekraken einen Teil des Speisezettels ausmachen.

An den giftigen Tentakeln seiner Beute scheint sich Haliphron atlanticus dabei nicht zu stören – ganz im Gegenteil. Die Weibchen schließen mit ihrer Körperfülle eine Qualle problemlos in ihre Arme und schwimmen weiter. Geht es ans Verspeisen, durchbeißen die Kraken den Schirm ihrer Beute, um an die nahrhaften Verdauungsorgane zu kommen. Dabei stirbt die Qualle zwar, ein Großteil ihres Schirms und ihre Tentakeln bleiben aber intakt. Die Überreste der Qualle ziehe der Krake hinter sich her. Das spreche dafür, dass er die erlegte Beute als eine Art Abwehrschild gegen Feinde verwende. Oder sie gar zum Fangen weiterer Nahrung verwende, vermuten die Forscherinnen und Forscher.

Die Auswertung der Aufnahmen ist jüngst in der Online-Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen. Sie rückt den Tiefseekraken in eine Reihe mit anderen Kopffüßern, die ebenfalls Quallen jagen und als Schutz zweitverwerten. Das lässt eine Schlussfolgerung auf das gesamte Ökosystem der Tiefsee zu. „Gelatinöses Plankton wie Quallen und ähnliche Organismen wird bisher in seiner Funktion als Nahrung für viele andere Meeresbewohner und damit als Teil der gesamten Nahrungskette unterschätzt“, schließt Hoving.

 

13.04.2017

Metadaten zu diesem Beitrag

Schlagworte zu diesem Beitrag:

Mehr zum Themenfeld: