Zum Wissenschaftsjahr 2018
Erdbeben-Keim offenbar in der Kalkschicht

Erdbeben-Keim offenbar in der Kalkschicht

Ein kalkhaltiger Untergrund ist offenbar besonders anfällig für Brüche im Erdinneren

Erdbeben-Keim offenbar in der Kalkschicht

Ein kalkhaltiger Untergrund ist offenbar besonders anfällig für Brüche im Erdinneren und somit eine mögliche Keimzelle für Erdbeben. Bislang gingen Forscher davon aus, dass die ersten Risse, aus denen sich dann Erdbeben entwickeln können, vor allem in den tonhaltigen Schichten der sogenannten Subduktionszonen auftreten. Als Subduktionszonen werden jene Bereiche an den Ozeanrändern bezeichnet, in denen eine Erdplatte unter eine andere abtaucht. Sie sind besonders erdbebengefährdet.

Wissenschaftler um Robert Kurzawski vom GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel beschäftigten sich nun mit der Frage, wo der Initialriss entsteht, aus dem sich dann ein großer Bruch entwickeln kann. Sie nutzten für ihre Studie Proben, die sie 2011 und 2012 vor der Küste von Costa Rica gewonnen hatten. Dort taucht die pazifische Cocos-Erdplatte unter die karibische Erdplatte ab, was mehrfach schwere Erdbeben in der Region verursacht hat. Die Cocos-Platte nimmt dabei aufliegende Sedimentschichten mit in die Tiefe, die so zwischen den Platten eingeklemmt werden. „Vor Costa Rica beginnt die Zone, in der Erdbeben an der Plattengrenze entstehen, bereits in einer besonders geringen Tiefe von circa fünf bis sechs Kilometern, und zwar genau in diesen subduzierten Sedimenten“, erklärt Kurzawski.

Die Sedimente bestehen oft, so auch vor Costa Rica, aus sowohl tonhaltigen als auch kalkhaltigen Schichten. Im Labor konnten die Forscher die Proben den Bedingungen aussetzen, die in der Tiefe herrschen, in der flache Erdbeben entstehen. Dazu gehören ein erhöhter Druck, Temperaturen um 100 Grad Celsius und Scherbewegungen.

Dabei zeigte sich, dass die tonigen Sedimente unempfindlich auf Veränderungen in Spannung, Temperatur und vor allem Porendruck reagierten. Die kalkhaltigen dagegen veränderten ihre Reibungseigenschaften bei einem Temperatur- und Porendruckanstieg erheblich. „Bei genau den Bedingungen, wie sie im Falle flacher Erdbeben zu erwarten sind, waren Kalke plötzlich instabil und zudem weniger fest als tonhaltiges Material“, sagt Kurzawski. „Mit dieser Eigenschaft bilden sie eine natürliche Sollbruchstelle im Gesteinsverband.“

Die Studie ist auch deshalb von Bedeutung, weil kalkhaltige Sedimente vor allem für tropische und subtropische Meere typisch sind und damit an vielen Subduktionszonen rund um den Pazifik, aber auch in der Karibik und im Mittelmeer vorkommen. „Natürlich kennen wir damit noch lange nicht alle Prozesse, die ein Erdbeben auslösen können“, betont Michael Stipp, Zweitautor der Studie, die jüngst in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurde. Weitere Bohrungen seien deshalb notwendig.

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