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Mikroplastik: Trojanisches Pferd für Bakterien und Schadstoffe

Mikroplastik: Trojanisches Pferd für Bakterien und Schadstoffe

Ein Podcast widmet sich diesem Thema – jetzt reinhören!

Mikroplastik: Trojanisches Pferd für Bakterien und Schadstoffe

Winzige Plastikpartikel im Meer tragen Chemikalien in die Körper von Meerestieren. Die Meeresforscher Dr. Gunnar Gerdts vom Alfred-Wegener-Institut auf Helgoland und Dr. Barbara Scholz-Böttcher vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres an der Universität Oldenburg berichten im FONA-Podcast über ihre Forschung zu Mikroplastik und über einen Test, dem sie ihre Kollegen unterziehen.

Die Wissenschaftler unterscheiden zwei Arten von Mikroplastik: Primäres Mikroplastik wird extra in winzigen Größen produziert und kommt etwa als kleine Kügelchen in Zahnpasta und Peelings vor. Auch winzige Kunststofffasern, die beim Waschen aus synthetischer Kleidung wie Fleece gelöst werden, verschmutzen das Meer. Das Mikroplastik, das früher einmal größerer Plastikmüll war und im Meer von Wellen und von der UV-Strahlung immer weiter zerkleinert wurde, ist das sekundäre Mikroplastik.

Hier der ganze Podcast – hören Sie rein!

Im Meer geben die Plastikteilchen giftige Schadstoffe wie Flammschutzmittel und Weichmacher in die Umwelt ab. Meerestiere und Vögel nehmen es mit der Nahrung auf. So gelangt es in die Nahrungskette. Vor kurzem entdeckte Gunnar Gerdts, dass nicht nur Chemikalien, sondern auch gefährliche Bakterien an Mikroplastik andocken und auf den Plastikpartikeln durch die Weltmeere reisen.

Wie gefährlich Mikroplastik für die Natur und schließlich auch für den Menschen ist, ist noch nicht bekannt. Die internationale Förderinitiative JPI Oceans, in der Deutschland durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung vertreten wird, soll das ändern. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass Mikroplastik schon viele Ökosysteme auf der Welt verschmutzt. Selbst im arktischen Eis haben Wissenschaftler winzige Plastikpartikel gefunden. Um aber genau sagen zu können, wie viel Mikroplastik sich in der Umwelt befindet, müssen international einheitliche Messmethoden entwickelt werden. Nur so lassen sich Ergebnisse aus verschiedenen Regionen miteinander vergleichen. Diesem Ziel widmet sich das JPI Oceans-Projekt, das Gunnar Gerdts von Helgoland aus koordiniert, und an dem auch Dr. Barbara Scholz-Böttcher beteiligt ist: „Wichtige Fragen bei der Mikroplastikanalytik sind: Wie kann man vergleichbare Daten generieren, um auch langfristige Trends zu erkennen, wie sich Kunststoffe ausbreiten, ob die Mengen weniger oder mehr werden, wie und wo kann ich eine Probe vernünftig nehmen, um eine verwertbare Aussage zu machen?“, so Scholz-Böttcher.

Bisher vermessen Wissenschaftler auf der ganzen Welt Mikroplastik noch mit ganz unterschiedlichen Methoden. Um herauszufinden, wie gut die verschiedenen Methoden sind, unterzieht Gerdts seine Kollegen einem Test: Zusammen mit Forschern der Universität Bayreuth bereitet er Proben vor, denen er eine winzige Menge unterschiedlicher Kunststoffe beimischt. Die verschickt er dann an Wissenschaftler auf der ganzen Welt: „In den Polymer-Kit gehen dann drei bis vier Polymere rein, in verschiedenen Größen und wir wissen, was da drin ist, aber nicht die Leute, die den bekommen und die sollen uns dann sagen, was da drin war.“

Da Kunststoff erst seit etwa 60 Jahren weltweit in riesigen Mengen produziert wird, handelt es sich bei Mikroplastik um eine relativ neue Umweltverschmutzung. Bisher gibt es noch keine Gesetze, die regeln, wie Mikroplastik hergestellt, genutzt und entsorgt werden darf. Die internationale Forschungsinitiative JPI Oceans soll nun die wissenschaftliche Grundlage für den Umgang mit Mikroplastik bilden.


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