Zum Wissenschaftsjahr 2018
Dia oder Dino? Neuer Indikator zeigt Ökozustand in der Ostsee an

Dia oder Dino? Neuer Indikator zeigt Ökozustand in der Ostsee an

Der Dia/Dino-Index zeigt, ob Kieselalgen im Frühjahr dominant waren.

IOW-Studien vereinfachen die Analyse mariner Ökosysteme

In den Meeren setzt im Frühjahr die Algenblüte ein. Im Sonnenlicht betreiben die Einzeller Photosynthese. In der Ostsee vermehren sich dann vor allem die Gruppen der Diatomeen (Kieselalgen) und Dinoflagellaten (Panzergeißler). Der Meeresbiologe Norbert Wasmund vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) verfolgt seit Jahrzehnten, wie sich die Frühjahrsblüten in der Ostsee entwickeln. Nun hat er aus seinen Beobachtungen einen Indikator bestimmt, mit dem sich der Zustand des Nahrungsnetzes beschreiben lässt: den Diatomeen/Dinoflagellaten-Index – kurz Dia/Dino-Index.

Der neue Index zeigt an, ob die Kieselalgen oder die Panzergeißler in der Frühjahrsblüte dominant waren. Dia oder Dino? Die Frage entscheidet darüber, welche Phytoplankton-Fresser mehr Nahrung haben. Die Diatomeen verfügen über relativ schwere Quarz-Schalen und sinken nach dem Absterben rasch auf den Meeresboden ab. Es gibt also zwei Nutznießer. Sowohl das Zooplankton im Oberflächenwasser als auch die am Boden lebenden Vertreter des Zoobenthos ernähren sich von Kieselalgen. Die leichteren Dinoflagellaten sinken nach dem Absterben nicht so schnell ab. Dadurch stehen sie dem Zooplankton länger zur Verfügung, beim Zoobenthos kommt aber so gut wie nichts an. „Dominieren die Kieselalgen vor den Panzergeißlern, so ist das für viele Bereiche des Nahrungsnetzes besser“, erklärt Wasmund.

Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es systematische Untersuchungen zum Phytoplankton in der Ostsee gegeben. Somit konnte auch für diese Zeit ein Dia/Dino-Index berechnet werden. Es zeigte sich, dass damals immer die Diatomeen in der Frühjahrsblüte dominierten. Zu einer deutlichen Veränderung kam es dann in den 1980er-Jahren. Jetzt entwickelten sich die Dinoflagellaten zur dominanten Gruppe in der Frühjahrsblüte und es begann eine schlechte Phase für das Nahrungsnetz. Seit der Jahrtausendwende sind die Werte des Dia/Dino-Index wieder besser.

Die Europäische Union hat das Ziel, bis zum Jahr 2020 die europäischen Meere in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen. Dazu bedient man sich so genannter „Deskriptoren“. Der Dia/Dino-Index trägt auf relativ einfache Weise dazu bei, den Deskriptor „Nahrungsnetz“ in der Ostsee zu bestimmen. Nachlesen lässt sich das in zwei Artikeln, die der Phytoplanktologe Wasmund kürzlich in dem internationalen Fachjournal „Frontiers of Marine Science“ veröffentlicht hat.

Der Zustand der Nahrungsnetze ist nur ein Aspekt bei der Betrachtung des ökologischen Zustandes. Der Dia/Dino-Index erlaubt aber auch Rückschlüsse auf die Eutrophierung. Das dürfte auch der Helsinki-Kommission (HELCOM) zugutekommen, die sich für den Schutz der Meeresumwelt im Ostseeraum einsetzt. Diese erarbeitet zurzeit eine holistische Bewertung, die alle Deskriptoren einbezieht.

29.08.2017

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