Zum Wissenschaftsjahr 2018
Lofoten-Dorsch: Die Wikinger handelten bereits vor der Hanse mit Stockfisch

Lofoten-Dorsch: Die Wikinger handelten bereits vor der Hanse mit Stockfisch

Nutzung neuer Methoden zur Gewinnung alter DNA aus den archäologischen Knochenproben

Bereits die Wikinger handelten mit Stockfisch

Stockfisch steht für die traditionelle Konservierung von Lebensmitteln. Der brettharte Trockenfisch hält sich mehr als zehn Jahre. Diese Qualität machte getrockneten Kabeljau von den Lofoten nachweislich zu einem Exportschlager der Hanse.

Der Stockfisch überstand problemlos lange Seefahrten nach Südeuropa. In Portugal zählt er als Bacalhau noch immer zu den beliebtesten Speisefischen. Aber handelten die Fischer aus Nordnorwegen bereits vor dem 13. Jahrhundert mit getrocknetem Fisch? Diese bisher umstrittene Frage hat ein internationales Wissenschaftsteam mit Beteiligung des GEOMAR Helmholtz–Zentrums für Ozeanforschung Kiel neu beantwortet. Bereits zu Wikingerzeiten speisten Menschen in Haithabu Kabeljau von den Lofoten.

Ananas aus Brasilien, Kiwis aus Neuseeland und Kaffee aus Kenia: Heutige Supermarktauslagen spiegeln den globalen Lebensmittelhandel wider. Doch dieser Fernhandel stellt kein neues Phänomen dar. Ein Forscherteam unter Leitung der Universität Oslo hat Belege dafür gefunden, dass bereits in der Wikingerzeit zwischen 800 und 1100 n. Chr. Dorsch aus Nordnorwegen und der Arktis auf dem Speiseplan der Menschen in Mitteleuropa stand. „Der Dorsch, der beispielsweise in Haithabu gegessen und gehandelt wurde, stammte zumindest teilweise von den Lofoten“, erläutert Koautor Jan Dierking, Biologe (GEOMAR).

Für die Studie nutzten die Forscher neue Methoden zur Gewinnung alter DNA aus archäologischen Knochenproben, sowie neueste genetische Analyseverfahren. So konnten sie das Genom von Dorschen rekonstruieren. Die historischen Proben stammten von verschiedenen wikingerzeitlichen und mittelalterlichen Siedlungsplätzen, darunter Haithabu bei Schleswig. Die alte DNA wurde mit dem Genom von Dorschen aus heutigen Beständen in der östlichen Ostsee, im Öresund, in der Nordsee, vor den Lofoten und in der nordöstlichen Arktis verglichen.

Die Analysen zeigten: Die in Haithabu gefundenen Fischknochen stammten nicht aus den Fischgründen in der nahen Ostsee. Es handelte sich vielmehr um Dorsche aus der Arktis. Diese ziehen jedes Jahr im Winter zum Laichen vor die Lofoten und bilden bis heute die Grundlage der dortigen Fischerei. „Erst die Rekonstruktion ganzer Genome aus archäologischen Fischknochen, wie sie in dieser Studie gelungen ist, hat so eindeutige Ergebnisse geliefert“, erklärt Dierking.

Historische Quellen wie die Egils Saga ließen vermuten, dass Trockenfisch bereits zur Wikingerzeit als Bordverpflegung und Handelsware diente. Die Studie, die jüngst in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Acadamy of Science (PNAS) veröffentlicht wurde, konnte diese Annahme eindeutig belegen. Für die Kieler Biologinnen und Biologen war die Mitarbeit an der Studie ein die Grenzen sprengendes Erlebnis. „Dass unsere Proben uns jetzt eine Zeitreise in die Wikingerzeit beschert haben, war wissenschaftlich, aber auch als Schleswig-Holsteiner eine schöne Erfahrung“, resümiert Christoph Petereit (GEOMAR), ebenfalls Koautor der Studie.

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