Zum Wissenschaftsjahr 2018
Berliner Jugendliche erkunden unsichtbare Lebensgemeinschaften in der Spree

Berliner Jugendliche erkunden unsichtbare Lebensgemeinschaften in der Spree

Mitmachen: Noch bis zum 14. Juni registrieren!

Berliner Jugendliche erkunden unsichtbare Lebensgemeinschaften in der Spree

Workshop dient als Testlauf für den My Ocean Sampling Day am 21. Juni - Mitmachen: Noch bis zum 14. Juni registrieren! Raus aus dem Klassenzimmer, rein in die Natur. Bei einer Exkursion im Biologie-Unterricht entnahmen Zehntklässler der Freien Waldorfschule Berlin-Südost Wasserproben aus der Spree. Forscherinnen und Forscher untersuchen jetzt das Erbgut winzigster, unsichtbarer Lebewesen auf seine Besonderheiten und Veränderungen.

Schwungvoll wirft Jonatan Mix (17) einen Eimer an einer Kordel in die Spree. Der Eimer füllt sich mit Wasser und der Jugendliche zieht ihn zurück ans Deck der MS Wissenschaft. Auf dem Schiff führen Meeresforscher aus Bremen einen Schüler-Workshop zu dem internationalen Projekt "My Ocean Sampling Day" (MyOSD) durch. Darin sind Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, am 21. Juni Wasserproben an deutschen Küsten und ihren Zuflüssen zu nehmen. Sie können damit einen Beitrag leisten zum größten Datensatz über Kleinstlebewesen im Meer, der je an einem Tag produziert wurde.

My OSD-Workshop auf der MS Wissenschaft (Bildergalerie)

Das Wasser fließt aus der Spree in Richtung Nordsee

Langsam bahnt sich das Wasser der Spree, mit den vielen unsichtbaren Lebensgemeinschaften, seinen Weg durch Berlin in Richtung Havel, Elbe und Nordsee. Bei dem Workshop wollen die Forscher unter anderem Umweltdaten wie Wassertemperatur, Salzgehalt und pH-Wert bestimmen, um daraus später Rückschlüsse auf das Leben in der Nordsee ziehen zu können.

Der Bio-Informatiker Renzo Kottmann trägt den Eimer mit der Wasserprobe in das provisorische Labor an Bord der MS Wissenschaft. Am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie und an der Jacobs University erforschen Kottmann und seine Kolleginnen und Kollegen die Welt der Mikroorganismen, winzigste Lebewesen wie Bakterien, Algen und Viren. Die Berliner Schulklasse haben sie zu dem Workshop eingeladen, um die Abläufe am My Ocean Sampling Day vorab zu testen.

Die Bakterien werden ähnlich gefiltert wie Kaffee

„Wasserproben zu nehmen, ist sehr einfach“, erklärt Kottmann. „Wir ziehen das Wasser mit einer Spritze auf, schrauben einen Filter auf und spritzen das Wasser durch den Filter zurück in den Eimer.“ Den Prozess vergleicht er mit dem Kaffeekochen: Das Wasser tropft durch den Filter. Dort bleiben die Mikroorganismen liegen, vergleichbar mit dem Prütt im Kaffeefilter. Kottmann: „Wir interessieren uns nicht für den Kaffee, sondern für den Prütt, bei uns also die Mikroorganismen.“

Für ihr Experiment nutzen die Berliner Schülerinnen und Schüler ein so genanntes MyOSD Sampling Kit, eine Box mit Utensilien zur Sammlung von Wasserproben. Zu den wichtigsten Werkzeugen zählen Filter, Spritze, Handschuhe, Erklärheft und Protokollbogen. Bürgerinnen und Bürger, die beim My Ocean Sampling Day mitmachen, können die Sampling Kits per Post erhalten – nach der Registrierung auf www.my-osd.org (Anmeldeschluss: 14. Juni).

Mikroorganismen sind zu 99,999 Prozent gut

Warum aber sind diese unsichtbaren Lebensgemeinschaften im Wasser so wichtig für die Menschen auf der Erde? „50 Prozent des Sauerstoffs, den wir atmen, wird von Bakterien im Meer produziert“, sagt Frank Oliver Glöckner, Professor für Bioinformatik an der Jacobs University und Leiter der MyOSD-Projektgruppe. „Wir möchten verständlich machen, dass Mikroorganismen in der Umwelt und im Meer zu 99,999 Prozent die Guten sind und nicht die Bösen.“

Glöckner wird die Mikroorganismen in Bremen mit einer Sequenziermaschine untersuchen und dabei ihre Erbinformationen entschlüsseln. Dadurch kann er feststellen, inwieweit das menschliche Leben an den Küsten und an den Ufern der Flüsse die Mikroorganismen verändert – zum Beispiel durch den Zufluss von Abwasser.

„Im Wasser ist sehr, sehr viel mehr als nur Wasser“

Der Schüler Jonatan Mix geht nach fast zwei Stunden zufrieden vom Workshop nach Hause. Er habe gelernt, dass sehr, sehr viel mehr im Wasser ist als nur Wasser: „Es war interessant zu erfahren, wie Mikroben gespalten und seziert werden. Die gesamte Klasse hat sehr aktiv bei den Experimenten mitarbeiten können.“

Auch der Biologie-Lehrerin Tanja Hansen hat der Workshop sehr gefallen. Sie war zuvor mit der Klasse zu einem fünftägigen Segelpraktikum auf der Ostsee – hat dabei das Thema „Leben unter Wasser“ aber nicht näher angesprochen: „Heute hatten wir die Gelegenheit, ins Wasser hineinzuschauen und zu sehen, was sich unter der Oberfläche verbirgt.“

Neugierde der Jugendlichen geweckt

Eines der wichtigsten Ziele haben die Meeresforscher erreicht: Sie haben die Neugierde der Jugendlichen geweckt, noch mehr über das Wasser in unseren Flüssen und Meeren zu lernen. Deshalb wollen mehrere von ihnen auch beim My Ocean Sampling Day am 21. Juni mitmachen.

An der Freien Waldorf Schule Berlin-Südost geht dies besonders einfach: Sie liegt im Berliner Ortsteil Schöneweide, direkt am Ufer der Spree.


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