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Neues von der Artenbörse: Die Biodiversitätskurve sinkt

Neues von der Artenbörse: Die Biodiversitätskurve sinkt

Rettung von Artenvielfalt durch Artenbörse

Zur Rettung der Artenvielfalt braucht es Daten und Indizes

Im Meer fing alles an. Über Millionen von Jahren lernten Arten, in und über den Fluten zu überleben. Doch die Erde erwärmt sich, die Ozeane heizen auf, Eiskappen und Gletscher schmelzen. Es gibt Arten, die weichen aus, andere gehen ein. Ganz andere Arten werden überfischt. Essenzielle Biodiversitätsvariablen (EBVs) könnten dabei helfen, den Artenschwund im Wasser und an Land zu stoppen. Ein internationales Forscherteam entwickelt auf der Grundlage dieser Variablen jetzt Indizes, um die Naturbeobachtung besser abzubilden und auf diesem Wege politische Entscheidungen begleiten zu können.

Weltweit gingen tausende Spezies pro Jahr verloren, so konstatieren die Forscher. In der UN-Biodiversitätskonvention haben sich 193 Länder, darunter auch Deutschland, verpflichtet, diesem Verlust der Biodiversität bis zum Jahr 2020 entgegenzuwirken. Es mangelt jedoch an belastbaren Daten. Ohne diese lässt sich das Vorhaben weder umsetzen noch überprüfen. Von daher hat GEO BON (Group of Earth Observation Biodiversity Observation Network) 2013 das Konzept der EBVs entwickelt.

„Am Anfang gab es einen richtigen Hype um die Biodiversitätsvariablen“, erklärt Dr. Dirk Schmeller, Ökologe am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Die Bedeutung der Variablen sei vielen jedoch nicht richtig klargeworden. Eine aktuelle Studie, jüngst in „Biological Conservation“ veröffentlicht, will die Verständnislücke schließen. Die Forscher suchen dabei den Vergleich mit der Börse.

Weltweit sammeln Wissenschaftler Daten zu Flora und Fauna. Die Arten entsprechen den einzelnen Aktien, die an einer Börse notiert sind. Genau wie der Preis einer Aktie sich je nach Angebot und Nachfrage der Aktionäre ändert, so wachsen oder schrumpfen die einzelnen Populationen im Laufe der Zeit. Der Kennwert „Abundanz“, also die Anzahl der Individuen einer Art in einem bestimmten Lebensraum über die Zeit betrachtet, ist dann die entsprechende Biodiversitätsvariable – genau wie der Aktienkurs den Wert einer Aktie beschreibt.

„Die EBVs sind also die Bindeglieder zwischen den Rohdaten und den Indizes“, erklärt Schmeller. „Sie ermöglichen, kritische Veränderungen in der Biodiversität zu dokumentieren und sind die Datengrundlage, auf der politisch relevante Indizes berechnet werden können, um dann entsprechende Entscheidungen fällen zu können.“ Eine zweite Studie verweist auf die noch vorhandenen Wissenslücken, während eine dritte Studie demonstriert, wie das Konzept der EBVs zumindest auf regionaler Ebene in die Praxis umgesetzt werden kann.

Das Meer bleibt ein Mysterium, wie der „Census of Marine Life“ (2010) gezeigt hat. Der größte Teil der Weltmeere wird wohl auf immer unerforscht bleiben. Die Wissenschaft konzentriert sich derweil auf das Machbare. „Je mehr Informationen wir über die Biodiversität liefern können, desto stärker werden sie politische Entscheidungen beeinflussen“, so der Ökologe Schmeller, Indizes versprächen somit mehr Orientierung an der Artenbörse.

08.12.2016

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