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Meeresborstenwürmer bezahlen Sex mit dem Tod

Meeresborstenwürmer bezahlen Sex mit dem Tod

Für Meeresborstenwürmer endet die Fortpflanzung tödlich

Hormon steuert Entscheidung über tödliche Fortpflanzung

Elternglück kennen Meeresborstenwürmer nicht: Wenn sie nach der Paarung Tausende befruchtete Eier ins Meer gelegt haben, sterben sie. Denn die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen, zum Beispiel Futter, sind begrenzt. So müssen sie entscheiden, wie sie diese am besten einsetzen: weiterleben und wachsen oder sich fortpflanzen und dann sterben. Um diese „Alles-oder-nichts“-Entscheidung zu treffen, benötigen sie Mechanismen. Österreichische Forscher haben nun herausbekommen, welches Hormon hierbei eine zentrale Rolle spielt.

Mehr als 60 Jahre lang suchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach dem Hormon, das das Gehirn des Meeresborstenwurms ( Platynereis dumerilii) produziert. Methylfarnesoat unterdrückt die Produktion des Dotter-Gens bei den Weibchen und greift damit direkt in einen besonders ressourcenlastigen Schritt in der Fortpflanzung ein. „Verwandte Substanzen waren bislang nur bei Insekten und nahe mit ihnen verwandten Tiergruppen entdeckt worden. Unsere Entdeckung des Hormons in einem Wurm macht klar, dass diese Art Hormon bereits viel früher in der Tierevolution entstanden sein musste als bisher angenommen“, erklärt Sven Schenk von der Universität Wien, Erstautor der Studie, die im Wissenschaftsmagazin „eLife“ veröffentlicht wurde.

Die Entdeckung hat aber auch eine negative Seite: Bislang glaubte man, der Mechanismus greife nur bei Insekten und ähnlichen Tiergruppen. Die Insektizidindustrie entwickelte zahlreiche Stoffe, die unmittelbar in den Signalweg eingreifen. Sie wurden etwa im Kampf gegen Tigermücken, die das Zikavirus übertragen, in großen Mengen eingesetzt. Als das Forscherteam diese Insektizide an den Meeresborstenwürmern testete, stellte sich heraus, dass sie das Hormonsystem der Würmer bereits in geringer Dosis entscheidend beeinträchtigten. „Das bedeutet auch, dass der Einsatz dieser Mittel möglicherweise tiefer in das gesamte Ökosystem der betroffenen Gebiete eingreift als beabsichtigt“, mahnt Schenk.

06.12.2016

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