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Bis zu 100.000 Bakterien siedeln auf einem Sandkorn

Bis zu 100.000 Bakterien siedeln auf einem Sandkorn

MPI-Studie enthüllt: Sandkörner sind eine Metropole für Bakterien

Am Strand wimmelt es vor Leben

Ein warmer Sonnentag am Strand. Sand rinnt durch die Finger. Mit den Millionen von Körnern rieseln zugleich Milliarden Bakterien zurück Richtung Sandstrand. Bis zu 100.000 Mikroorganismen leben auf jedem dieser Körnchen. Das enthüllt eine aktuelle Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen. Ein winziges Korn beherbergt demnach so viele Einwohner wie Flensburg oder Kaiserslautern. Kommen rund 80 Körner zusammen, entspricht das ungefähr der Bevölkerung von New York.

Am Strand wimmelt es vor Leben. Das ist bekannt. Aber wie sieht es genau auf jedem einzelnen Sandkorn aus? Eine Analyse von Proben aus der südlichen Nordsee nahe Helgoland beantwortet diese Frage. Viele tausend Bakterien besiedeln die Sandkörner, aber nicht gleichmäßig. Sie tummeln sich in Rissen und Kuhlen. „Dort sind sie gut geschützt“, erklärt David Probandt, Erstautor der Studie, die jüngst im Fachmagazin „ISME Journal“ veröffentlicht wurde. „Wenn die Sandkörner vom Wasser umströmt und herumgewirbelt werden und aneinander reiben, finden die Bakterien in solchen Einbuchtungen ein sicheres Plätzchen.“ Auch vor Räubern, die die Oberfläche der Sandkörner nach Nahrung abgrasen, seien sie so einigermaßen sicher.

Doch nicht nur die Anzahl, auch die Vielfalt der Bakterien beeindruckt. „Auf jedem einzelnen Sandkorn fanden wir tausende verschiedene Arten von Bakterien“, erläutert Probandt weiter. Manche Arten und Gruppen von Bakterien finden sich auf allen untersuchten Sandkörnern, andere treten nur vereinzelt auf. „Mehr als die Hälfte der Bewohner gleicht sich auf allen Körnern. Wir vermuten, dass diese bakteriellen ‚Stammspieler’ auf jedem Sandkorn eine ähnliche Funktion ausüben“, erklärt Probandt. „Jedes Korn hat quasi die gleiche grundlegende Besetzung und Infrastruktur.“

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Die sandliebenden Bakterien spielen eine bedeutende Rolle für das Ökosystem Meer und die weltweiten Stoffkreisläufe. Da diese Bakterien unter anderem Kohlenstoff und Stickstoff aus dem Meerwasser und aus einströmenden Flüssen verarbeiten, wirkt der Sand wie ein riesiger reinigender Filter. Vieles von dem, was das Meerwasser in den Boden spült, kommt nicht wieder heraus.

„Jedes Sandkorn funktioniert wie eine kleine Bakterien-Vorratskammer“, fasst Probandt zusammen. Es liefert den nötigen Nachschub, um die großen Stoffkreisläufe von Kohlenstoff, Stickstoff und auch Schwefel am Laufen zu halten. „Wie auch immer die Bedingungen sind, denen die Bakteriengemeinschaft auf einem Sandkorn gerade ausgesetzt ist – durch die große Vielfalt ihrer ‚Stammspieler’ findet sich immer jemand, der die Substanzen aus dem Umgebungswasser verarbeitet.“

07.12.2017

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