Zum Wissenschaftsjahr 2018
Unberechenbarer Überfall - Segelfische gehen gemeinsam auf Beutejagd

Unberechenbarer Überfall - Segelfische gehen gemeinsam auf Beutejagd

Eine Räuber-Beute-Beziehung

Studie klärt, warum jagende Segelfische eine Angriffsseite bevorzugen

Fächerfische zählen zu den schnellsten Schwimmern in den Ozeanen. Bei der Jagd auf wendige Sardinen hilft das den auch Segelfisch genannten Raubfischen aber nur wenig. Deshalb gehen Segelfische gemeinsam auf Beutezug. Zu Beginn des Manövers kreisen die Räuber einen Schwarm Sardinen ein. Ein internationales Forscherteam konnte jetzt zeigen, dass es auf jedem Flügel der Jagdgruppe ungefähr gleich viele geübte Angreifer gibt. Die einen haben sich auf Attacken von links spezialisiert, die anderen greifen von der rechten Seite an. So bleiben die Angriffe für die Beute unvorhersehbar.

Zum Überleben müssen Räuber effektive Jagdstrategien parat haben. Die Beute hingegen stellt ihr Verhalten darauf ab, den Angreifern zu entkommen. Ein Team um Dr. Ralf Kurvers vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat die Räuber-Beute-Beziehung von Segelfischen (Istiophorus platypterus) und Sardinen (Sardinella aurita) untersucht. Das Team fand heraus, dass die Spezialisierung auf Angriffe über rechts oder links – fachsprachlich ,Lateralisation' genannt – Vorteile bei der Jagd bringt. Je stärker die Lateralisation ausgeprägt ist, desto schneller können die Fische auf ihrer favorisierten Seite angreifen. Das stärkt Segelfische aber nur in der Gruppe: Würde ein einzelner Fisch bevorzugt von einer Seite angreifen, wäre er für seine Beute viel zu leicht zu durchschauen.

Für ihre Studie, die jüngst in der Fachpublikation Current Biology veröffentlicht wurde, analysierten die Forscherinnen und Forscher insgesamt 365 Angriffe von 73 Segelfischen. Diese jagten im offenen Ozean vor der mexikanischen Küste in elf Gruppen mit bis zu 14 Fischen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten auch die Mikrozähne auf den langen Schnäbeln. Die Abnutzungspuren bestätigten, dass die allermeisten Fische eine bestimmte Angriffsseite bevorzugen. „Je größer die Gruppe, umso ausgeglichener ist das Verhältnis links-rechts, und umso erfolgreicher sind die Segelfische bei der Sardinenjagd", berichtet Kurvers. Die Studie belege den wichtigen aber bislang unbekannten Vorteil, den das Jagen in Gruppen für Segelfische hat.

Mit der jeweils hälftigen Verteilung auf rechts und links unterscheidet sich die Lateralisation der Segelfische von der Händigkeit beim Menschen: Etwa 90 Prozent aller Menschen weltweit bevorzugen die rechte und nur zehn Prozent die linke Hand. „Die gleiche Hand zu nutzen, hilft bei kooperativen Tätigkeiten. Deswegen hat sich im Laufe der menschlichen Evolution eine angeborene Bevorzugung einer Handseite entwickelt.“ Der evolutionäre Vorteil, die Unberechenbarkeit im Kampf, sei in unserem Alltag eben immer unwichtiger geworden. Mit einer Ausnahme: dem sportlichen Wettkampf. „Bei Top-Fechtern sind beispielsweise noch jeweils 50 Prozent links- und rechtshändig“, betont Kurvers.

Am Ende entscheidet dann doch die Geschwindigkeit bei der Jagd. Dann dreschen angreifende Segelfische in rekordverdächtiger Geschwindigkeit mit der spitzen Schnauze auf die Opfer ein. Mal von links, mal von rechts.

16.02.2017

 

Bitte konsumieren Sie möglichst nur nachhaltig gefischte Bestände von Fisch und Meeresfrüchten. Informieren Sie sich dazu beispielsweise in den einschlägigen Fischratgebern.

Metadaten zu diesem Beitrag

Schlagworte zu diesem Beitrag:

Mehr zum Themenfeld: