Zum Wissenschaftsjahr 2018
Der Herr über den Strom vom Meer

Der Herr über den Strom vom Meer

Christof Huß leitet den Betrieb des Offshore-Windparks DanTysk

Unter Huß’ Regie wird sauberer Strom für 400.000 Haushalte erzeugt

90 Kilometer vor der Küste Schleswig-Holsteins ragen sie 148 Meter aus dem Meer: Im Offshore-Windpark DanTysk produzieren 80 Windräder jährlich fast 1,3 Milliarden Kilowattstunden klimafreundlichen Strom von der deutschen Nordsee. Das reicht, um durchschnittlich 400.000 Haushalte ein Jahr lang mit Elektrizität zu versorgen. Betriebsleiter eines der modernsten Windparks der Erde ist der Hamburger Agrar-Ingenieur Christof Huß.

Seine Kabine ist genauso groß wie die seiner rund 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: elf Quadratmeter, ausgestattet mit WLAN, Telefon und Fernseher. Wenn Christof Huß aus dem Fenster schaut, hat er die Windräder gleich im Blick – und sieht auch, wenn das eine oder andere Rad mal stillsteht. Dann kreuzen Techniker in einem Katamaran durch den 70 Quadratkilometer großen Windpark, klettern vom Bootlandeplatz 20 Meter über eine Leiter nach oben auf die Plattform, gehen in den Turm und beheben den Schaden.

50 Einzelkabinen für die Beschäftigten

DanTysk speist seit Dezember 2014 Strom ins deutsche Netz ein. Knapp zwei Jahre später eröffneten die Eigentümer, Vattenfall und die Stadtwerke München, auf hoher See ein Wohnheim für die Mitarbeiter. Auf gelben Stelzen aus Stahl steht die Wohnplattform 20 Meter über der Wasseroberfläche und bietet Platz für 50 Einzelkabinen, Büros, Werkstätten, Kino, Bibliothek, Fitnessraum und Speisesaal. Die Plattform hält sogar acht Meter hohen Wellen locker stand. Der Betriebsleiter ist mit stürmischem Wind und meterhohem Wellengang bestens vertraut. Seit seiner Kindheit in Hamburg kennt Huß die Eigenheiten der Nordsee. Als Student reiste er mit einem Containerschiff von Japan nach Hamburg und segelte in den Ferien wochenlang über die Meere der Erde. Während Wetter-Turbulenzen auf dem Meer vielen Menschen Angst einflößen, bedeuten sie für Huß vor allem eines: ein gutes Produktionsergebnis.

Die Meeresumwelt wird nicht gefährdet

Die Eigentümer der Plattform haben die Auswirkungen der Stromproduktion auf die Umwelt immer im Blick. Bevor die zuständige Behörde, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg, den Betrieb genehmigte, wurde zwei Jahre lang die Umweltverträglichkeit untersucht. Somit ist unter anderem gesichert, dass die Meeresumwelt und sämtliche Schutzgüter wie Fische, Kleinstlebewesen, Vögel und marine Säugetiere nicht gefährdet werden.

Wie sich der Betrieb von DanTysk auf das komplexe Ökosystem in der deutschen Nordsee auswirkt – das untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungs- und Entwicklungszentrums Fachhochschule Kiel und des Instituts für angewandte Ökosystemforschung auf der Forschungsplattform FINO 3. Sie wurde im August 2009 80 Kilometer westlich von Sylt eingerichtet und liefert Daten über die gesamte Entstehungs- und Betriebsphase des Offshore-Windparks. Die Forscherinnen und Forscher wollen damit weitere Erkenntnisse über die technischen Anforderungen der Anlagen und über die Biotope in den Gebieten gewinnen. Unter anderem untersuchen sie per Radar den Vogelzug.

Die Stromproduktion in der Nordsee hat mit dem Betrieb von DanTysk ihre Kapazitätsgrenze noch längst nicht erreicht. Denn unter der Regie von Christof Huß wurde direkt neben DanTysk ein zweiter Offshore-Windpark in Probebetrieb genommen. Sein Name: Sandbank. Im Januar 2017 produzierten erstmals alle 72 Sandbank-Räder gleichzeitig: „Wir haben jetzt im Prinzip ein Kraftwerk mit zwei Blöcken und einer gemeinsamen Wohnplattform“, sagt Huß. „So weit entfernt von der Küste ist das einmalig in Europa.“


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