Zum Wissenschaftsjahr 2018
Hohe Schadstoffbelastung durch Plastik-Giftcocktails im Sediment

Hohe Schadstoffbelastung durch Plastik-Giftcocktails im Sediment

Was kleinste Partikel Plastik alles anrichten können.

Gewässer-Studie deckt Gefahren durch Mikroplastik auf

Mit bloßem Auge ist Mikroplastik im Schlick oder im Wasser nicht zu erkennen. Wie fatal kleinste Plastikteilchen jedoch für Gewässer, Tiere und damit auch für Menschen sein können, zeigt eine Studie der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg. Mikroplastik im Sediment der Elbe, Weser, Trave, der Boddengewässer und der Nord- und Ostsee bindet deutlich mehr Schad- und Giftstoffe als bisher vermutet. Die Plastikpartikel sind um das Drei- bis Vierfache stärker belastet als das ohnehin schon kontaminierte Sediment. Die größte Schadstoffbelastung wurde nahe der Kläranlage Lübeck gemessen.

Sonneneinstrahlung, Wind und Wellen verwittern und zerkleinern achtlos entsorgtes Plastik zu Teilchen, die kleiner als 5 Millimeter sind. Auch auf einem anderen Weg gelangt Mikroplastik in die Gewässer: Die für den Peeling-Effekt in Zahnpasta und Duschgels verwendeten Kleinst-Partikel aus Polyethylen oder Polypropylen können in Kläranlagen nur schwer herausgefiltert werden und werden über das Abwasser in die Meere gespült. So lagert sich Mikroplastik am und im Gewässerboden ab und wird mit der Nahrung von den Bodenbewohnern wie kleinen Würmern, Muscheln und Krabben gefressen.

Seit 2015 untersucht ein Forscher-Team um Professorin Dr. Gesine Witt von der HAW Hamburg im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojekts die Plastik-Vermüllung im Sediment. Auf zwei Expeditionen mit dem Forschungsschiff ALDEBARAN wurden mit Hilfe von Mikroplastik-Schadstoffsammlern, Satellitenaufnahmen und Spezialnetzen Proben genommen.

„Jetzt gibt es endlich zuverlässige Informationen, wie hoch die Konzentration von Schadstoffen im Mikroplastik im Sediment tatsächlich ist. Zusätzlich wissen wir nun besser, wo sich die unterschiedlich großen Teile nach ihrem Gebrauch im Gewässer oder im Sediment aufhalten“, fasst Gesine Witt die Ergebnisse zusammen. Bekannt ist, dass sich die winzigen Plastikteile wie ein Magnet für Schadstoffe verhalten, je länger sie im Wasser treiben. Auf ihrer Reise ins Meer binden sie deshalb einen wahren Giftcocktail an sich. Das konnte das Forscher-Team mit 50 Probensammlern nun nachweisen. Die neuen Erkenntnisse sind deshalb besonders brisant, weil diese Giftcocktails in die menschliche Nahrungskette gelangen. Muscheln reichern beispielsweise nachweislich kleinste Körnchen Polyethylen im Gewebe an, die dort Entzündungsreaktionen und Geschwüre verursachen können.

Das Projekt zählt zur marinen Grundlagenforschung. Es finanziert sich aus Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH), der HAW Hamburg, weiteren Drittmitteln, sowie einer Unterstützung durch das Forschungsschiff ALDEBARAN. Das Forschungsvorhaben zielt im Rahmen der Europäischen Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) von 2008 darauf ab, den Schadstoffeintrag in Nord- und Ostsee zu kontrollieren. Insgesamt gilt es, den Umweltzustand der europäischen Meeresgewässer bis zum Jahr 2020 zu verbessern.

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