Zum Wissenschaftsjahr 2018
Kalkalgen trotzen Ozeanversauerung nur bedingt

Kalkalgen trotzen Ozeanversauerung nur bedingt

Neue Studie zeigt Grenzen der Anpassung bei Emiliania huxleyi

Kalkalgen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Folgen des Klimawandels zu bewältigen.

Ihre Kalkplättchen binden Kohlenstoff, wirken als Ballast und ermöglichen so den Transport des Kohlenstoffs in die Tiefen des Ozeans. Mit zunehmender Versauerung der Ozeane schwächt sich dieser Effekt jedoch ab - mit einer Ausnahme, wie die Wissenschaftler bislang glaubten: Die wichtigste einzellige Kalkalge der Weltmeere, Emiliania huxleyi, kann sich durch Evolution an die Ozeanversauerung anpassen; das ergaben Forschungen 2012. Diese Anpassung hat allerdings ihre Grenzen, ergab nun eine neue Studie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

„Das Anpassungspotenzial von Emiliania huxleyi ist doch geringer als ursprünglich vermutet. Auch nach vier Jahren Evolution kann die Kalkalge die Beeinträchtigungen des Wachstums durch Versauerung nicht komplett kompensieren“, erklärt der Biologe Lothar Schlüter, Erstautor der Arbeit. Die Forscher nahmen sich eine Zelle von Emiliania huxleyi aus einem Fjord in Norwegen vor. Die Kalkalge kann im Labor etwa einmal am Tag durch Teilung vermehrt werden. So legten die Wissenschaftler mehrere genetisch zunächst identische Kulturen an. Für die Studie setzten sie jeweils fünf Kulturen bei konstanter Temperatur drei unterschiedlichen Konzentrationen an Kohlendioxid (CO2) aus: den derzeitigen; den Bedingungen, die nach den kritischsten Berechnungen des Weltklimarats gegen Ende dieses Jahrhunderts erreicht werden könnten; und dem höchstmöglichen Grad an Versauerung.

Ergebnis nach vier Jahren: Zunächst, nach einem Jahr, war bei den an die Versauerung angepassten Kulturen eine leichte Steigerung der Wachstumsraten zu verzeichnen, später jedoch kaum noch. „Drei Jahre nach Beginn des Experiments war die Produktion an Kalkplättchen in den an höhere CO2-Konzentrationen angepassten Kulturen geringer als bei nichtangepassten“, erklärt Studienkoordinator Thorsten Reusch vom GEOMAR. „Uns überraschte, dass dieser Effekt nicht gleich zu Beginn des Experiments eintrat – denn wenn die Ozeanversauerung die biologische Kalkbildung behindert, müsste diese direkt reduziert werden.“ Entgegen der 2012 publizierten Ergebnisse über die Beobachtungen im ersten Jahr des Experiments gehen die Forscher jetzt davon aus, dass Evolution die negativen Effekte auf die Kalkbildung der Algen verstärkt.

Doch lässt sich dies rückgängig machen: Wurden die an Ozeanversauerung angepassten Kulturen wieder den derzeitigen Konzentrationen ausgesetzt, produzierten sie Kalkplättchen wie die heutigen Kalkalgen. „Die Algen reduzieren die Kalzifizierung nur dann, wenn diese für sie aufwändiger ist – nämlich unter Ozeanversauerung“, erläutert Reusch. Die Experimente würden fortgesetzt, um besser abschätzen zu können, „wie der globale Wandel den Kohlenstoffkreislauf in Zukunft ändern wird“.

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