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Erstaunlich einfach – Cellulose saugt Ölteppiche vom Meer

Erstaunlich einfach – Cellulose saugt Ölteppiche vom Meer

Mithilfe von Cellulose kann der Ölteppich vom Meer gesaugt werden

Studie erprobt umweltfreundliche Abtrennungsmittel für Ölfilme

Ein Wundermittel gegen Ölkatastrophen darf sich nicht im Wasser auflösen. Es muss schwimmen und sollte den sich ausbreitenden Ölteppich aufsaugen. Außerdem sollte der Stoff das Öl wieder freigeben, also recycelbar sein. Indische Forscherinnen und Forscher scheinen einem derartigen Stoff auf der Spur zu sein. Sie entdeckten, dass Öl in Teilchen aus imprägnierter Cellulose erstarrt und sich dann einfach abschöpfen lässt.

Solange wir im Meer nach Öl bohren und in Riesentankern über die Ozeane transportieren, riskieren wir die Zerstörung mariner Ökosysteme. Bisher wurden bei Ölkatastrophen häufig Chemikalien eingesetzt, um das Öl aufzulösen. Sie sollten helfen, das Öl leichter abbaubar zu machen, damit es von der Meeresoberfläche entfernen werden kann. Chemie schien auch das probate Mittel nach der Havarie der Offshore–Ölbohrplattform „Deepwater Horizon“ 2010 zu sein. Hier sprudelten etwa 700.000 Tonnen Rohöl in den Golf von Mexiko. Helfer versprühten daraufhin etwa sieben Millionen Liter Chemikalien, die das Öl binden sollten. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen für Umwelt und Menschen gerieten diese Stoffe jedoch zunehmend in die Kritik. Aus diesem Grund suchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit schon länger nach Alternativen.

Kana M. Suresan und Annamalai Prathap vom Indian Institute of Science, Education and Research (IISER) Thiruvananthapuram in Kerala, entwickelten eine erstaunlich einfache Strategie und testeten diese in ihrer aktuellen und in der Fachzeitschrift 'Angewandte Chemie' veröffentlichten Studie. Sie kombinierten hierfür die Verfahren Absorption und Gelbildung. Als preiswerten porösen Trägerstoff wählte das Forscherteam Cellulose. Diese imprägnierten sie mit einem Öl-Geliermittel, einer organischen Mannitolverbindung. Damit wird die Cellulose schwimmfähig, da sie im Gegensatz zum unbehandelten Zustand nun fast kein Wasser aufsaugt. Der entscheidende Vorteil besteht darin, dass durch die Imprägnierung ein feinfaseriges Netzwerk entsteht. Dieses fängt das Öl ein und bildet ein starres Gel. Selbst vollgesogen mit Öl sinken die Körner nicht, sondern bleiben an der Oberfläche. Durch die Gelierung wird somit die flüssige Ölphase fest und kann abgeschöpft werden. Das ausgetretene Öl ließe sich mit diesem Verfahren sogar recyceln. Wie das Forscherteam demonstrierte, kann man durch Ausquetschen oder Destillation das Öl aus den geronnenen Körnern zurückgewinnen.

Das einfache, preiswerte und zudem umweltfreundliche System scheint Potenzial zu haben. Alle Reparaturversuche nach Ölhavarien werden die Natur nicht in den Ausgangszustand zurückversetzen. Sie sollten aber so umweltschonend wie möglich sein. Die neuen Erkenntnisse aus Indien über den Einsatz von Cellulose als Ölfänger sind vor allem eins: Ein Schritt bei der Suche nach Alternativen zu den bisher eingesetzten giftigen Dispersionsmitteln.


20.07.2017

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