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Süßwasser sprudelt unter dem Meer

Süßwasser sprudelt unter dem Meer

Quellen unter dem Meer helfen in manchen Regionen gegen den Trinkwassermangel

Unterseeische Reservoire sind eine wichtige Trinkwasserquelle

Es gibt sie auf der ganzen Welt, auch wenn sie bisher wenig beachtet wurden: Süßwasserquellen im Meer. Infos über unterseeisches Frischwasser etwa in der Nordsee, vor Portugal, im Persischen Golf, vor Peru und dem US-Bundesstaat Florida haben nun Bremer Forscher zusammengetragen.

„Frischwasser, das einfach so im Meer sprudelt, hat etwas Magisches und beflügelt die Fantasie der Menschen“, sagt Nils Moosdorf vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, Koautor der im Fachblatt „Earth-Science Reviews“ veröffentlichten Arbeit. Als Quellen bei ihrer Suche nach der Bedeutung der submarinen Grundwasserquellen für den Menschen und die Küstenökosysteme nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler historische Schriften, Reiseführer, Tauchermagazine, Zeitungsartikel und mündliche Überlieferungen aus aller Welt. „Submarine Grundwasserquellen besitzen vielerorts einen großen sinn- und kulturstiftenden Wert für die Menschen“, berichtet der Geologe. „Im alten Griechenland zum Beispiel wurden dem Meeresgott Poseidon Pferde an einer solchen Quelle bei Argos geopfert.“ Auf Bali wurde der hinduistische Meerestempel Tanah Lot auf einer Süßwasserquelle errichtet. Jährlich, erklärt Moosdorf, pilgerten zwei Millionen Menschen dorthin, um mit dem Wasser gesegnet zu werden. Auf Henderson Island gestrandete Walfänger sollen dank einer nur bei Ebbe zugänglichen Süßwasserquelle überlebt haben – ihre Geschichte inspirierte Herman Melville zu „Moby Dick“.

Die Wissenschaft hat die unterseeischen Süßwasserreservoirs bisher wenig beachtet. Zu Unrecht, wie Moosdorf meint. Denn „laut bisherigen Schätzungen machen diese besonderen Quellen bis zu zehn Prozent der Wassermenge aus, die auf unserem Planeten von den Flüssen ins Meer eingetragen wird“. In Regionen, in denen das Wasser knapp ist, benutzen die Menschen die Quellen häufig für den täglichen Bedarf. In Peru wird Wasser aus submarinen Quellen in Lastwagen gepumpt und an Land verteilt, in Griechenland für die Bewässerung von Feldern genutzt. Aus einer Quelle in Florida sprudeln 40 Kubikmeter pro Sekunde, das könnte einmal den Mangel an Leitungswasser in der Millionenstadt Miami lindern.

„Die Quellen sind meist besonders nährstoffreich und ziehen sehr viele Fische an, wie die ‚Wonky holes‘ vor Australien. Das sind deshalb Hotspots für Fischer und Taucher“, sagt Moosdorf. „In Japan gedeihen Austern aus Aquakultur in der Nähe solcher Quellen besonders gut.“

Die unterseeischen Süßwasserquellen sind jedoch bedroht; häufig führt Brunnenbau an Land zu ihrem Versiegen; ungeklärte Abwässer und Rückstände aus der Landwirtschaft verschmutzen das Wasser. Darunter leiden nicht nur die Menschen, die die Quellen zum Trinken nutzen, sondern auch Küstenökosysteme wie Korallenriffe, die in ihrer Nähe wachsen.

11.07.2017

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