Zum Wissenschaftsjahr 2018

Hochachtung vor dem Meer

Bis heute ist Prof. Dr. Karin Lochte, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, von der Erhabenheit der Ozeane fasziniert

Es gibt zwei Aspekte, die faszinieren mich bis heute ganz besonders an meinem Beruf, sagt Prof. Dr. Karin Lochte, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, dem Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven: „Zum einen ist das der intellektuell stimulierende Austausch mit unglaublich interessanten Menschen auf der ganzen Welt, zum anderen die überwältigende Naturgewalt des Meeres. Das Meer verlangt unsere Hochachtung. An Land glauben wir Menschen, wir hätten alles im Griff. Auf dem Meer oder im Eis der Arktis spüre ich, dass wir Menschen auf der Erde nur geduldet sind.“

Karin Lochte untersucht als Meeresbiologin Bakterien, Plankton und Kleinstlebewesen sowie deren Rolle im Stoffkreislauf der Ozeane. Zahlreiche Expeditionen führten sie auf den Atlantik und in die Antarktis. Die Tiefsee ist ebenso ihr Metier wie das Meereis. Wenn sie nicht „im Feld“ unterwegs ist, kümmert sie sich als Chefin des AWI-Forschungsinstituts um die knapp 1.100 Angestellten und darum, dass das Budget des Forschungsinstituts von zirka 130 Millionen Euro pro Jahr sinnvoll eingesetzt wird. Zudem ist die renommierte Klimaforscherin in unterschiedlichsten internationalen Gremien tätig, unter anderem war sie Mitglied im Wissenschaftsrat.

Zur Meeresbiologie kam die Wissenschaftlerin erst nach ihrem Lehramtsstudium, für das sie neben den Fächern Biologie und Chemie auch Philosophie belegte. „Ich hatte schon als Schülerin ein Faible für Naturwissenschaften, zum Beispiel für Physik. Ich wollte wissen, warum Flugzeuge nicht vom Himmel fallen. In den Naturwissenschaften kann man so viel ausprobieren und es gibt Aha-Erlebnisse“, beschreibt sie. „Und an der Philosophie reizte mich die andere Perspektive, ein anderer Blick auf die Dinge.“

Diese Neugierde und Offenheit sind ein gutes Rüstzeug, wenn es darum geht, die Weichen für die eigene Berufswahl zu stellen. Was rät Karin Lochte jungen Leuten, die sich selbst immer für den wissenschaftlichen Nachwuchs eingesetzt hat? „Ich halte es für sinnvoll zu überlegen, was man selbst gut kann und dann seinen Neigungen zu folgen. Zukunftsoptionen spielen aber natürlich auch eine Rolle, so sind jetzt zum Beispiel Physikerinnen und Ingenieure gesucht. Gut ist immer auch, etwas auszuprobieren“, sagt sie.

Diese Möglichkeiten erhalten Abiturientinnen und Abiturienten in einem außergewöhnlichen Schulprojekt am AWI. „Highsea“ fördert das Interesse an naturwissenschaftlichen Fragestellungen und das selbstorganisierte Lernen. An zwei Tagen pro Woche haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit das Institut zu besuchen und die Forschungsprojekte live zu erleben. Der Unterricht wird an diesen Schultagen nicht mit dem Pausengong beendet, sondern mit dem Fortschritt im Thema.

Dabei diskutieren Schülerinnen und Schüler u.a. auch aktuelle Fragen der Wissenschaft. Wie schafft es die Menschheit, dass es den Meeren und Ozeanen in Zukunft wieder besser geht? „Nur gemeinsam“, lautet die Antwort von Karin Lochte. „Wir Forscherinnen und Forscher können beobachten und Vorhersagen treffen. Danach ist die Gemeinschaft gefragt: Die Informationen aus der Wissenschaft bieten eine Wissensbasis für alle, die das Meer nutzen wollen – ob als Nahrungslieferant, als Energiequelle, als Klimamaschine oder auch im Tourismus. Alle Beteiligten müssen in einen engen Austausch treten, um die Nutzung der Meere und Ozeane verantwortungsvoll auf eine solide Basis stellen zu können.“

06.06.2017

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