Zum Wissenschaftsjahr 2018
Aerosole über den Ozeanen

Aerosole über den Ozeanen

Geburtshelfer für Wolken

Leipziger Wolkenforschung per Schiff und Satellit

Wasser bedeckt mehr als 70 Prozent der Oberfläche unseres Planeten. In der Atmosphäre über den Ozeanen spielt sich somit der überwiegende Teil des Wetters und auch des Klimawandels ab. Das Südpolarmeer etwa zählt zu den wolkenreichsten Regionen der Welt. Es mangelt jedoch an Messstationen, die diese gigantische Luftmenge von rund 3.500 Millionen Kubikkilometern über den Weltmeeren kontinuierlich beobachten. Mit dem mobilen Container OCEANET geht zweimal pro Jahr ein Messsystem an Bord des Forschungseisbrechers „Polarstern“ auf Nord-Süd-Reisen. Hiermit gehen Forscherinnen und Forscher der Wolkenbildung punktuell auf den Grund, andere begeben sich dazu in die Luft und werten großflächig Satellitenbilder aus. Alle dienen sie dem Ziel, bessere Aussagen zur Klimatologie von Wolken und Aerosolen (Schmutzpartikeln) treffen zu können.

Wolken bilden sich nur, wenn es in der Atmosphäre Kondensationskeime gibt. Kleinste Aerosole sorgen dafür, dass aus dem verdunsteten Wasser wieder Wassertröpfchen werden. Das können Meersalzpartikel sein, Wüsten- oder Mineralstaub. Wolken entstehen aber auch durch kleinste Teilchen, die seit der industriellen Revolution massenhaft in die Atmosphäre gelangten – etwa Sulfate, Staub oder Rußpartikel. Das blieb nicht folgenlos für das Weltklima: Nachgewiesenermaßen bilden sich dort besonders viele Wolkentröpfchen, wo die Atmosphäre stark verschmutzt ist. Diese reflektieren das Sonnenlicht ins All, was abkühlend auf unser Klima wirkt.

Aber wie stark ist dieser Effekt in verschiedenen Regionen der Welt? Und wird hierdurch etwa der Treibhauseffekt gemindert? Professor Dr. Johannes Quaas vom Lehrstuhl für Theoretische Meteorologie der Universität Leipzig geht diesen Fragen seit 2006 gemeinsam mit anderen Forscherinnen und Forschern am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) nach.

„Bisher ist relativ wenig erforscht, wie viele Wassertröpfchen oder Eiskristalle in einer Wolke drin sind“, erklärt der Experte. Er bestimmt die Wolkentröpfchen-Anzahl aus Satellitenbildern mit Hilfe von Licht. „An dessen Farbe erkennt man, wie viele Tröpfchen sich in einer Wolke befinden“, sagt der Meteorologe. Das Datenmaterial liefern zwei Satelliten, die einmal täglich die Erde umkreisen. Quaas und seinem Team ist es über die Jahre gelungen, Fehlerquellen und Unsicherheiten auszuschließen. Sie fanden beispielsweise heraus, dass Messungen in der Polarregion stark fehlerbehaftet sind, weil die Sonne dort sehr schräg steht und das Licht in einem zu steilen Winkel einfällt. Die Arbeitsgruppe will ihre Forschungen zudem auf Eiskristalle ausdehnen.

Hier schließt sich der wissenschaftliche Kreis. Das Messsystem OCEANET lieferte die Daten, mit denen Forscherinnen und Forscher am TROPOS belegt haben, dass die Wolken durch die Luftverschmutzung in der Nordhemisphäre schneller vereisen als in der sauberen Südhemisphäre. Die Expertise beider Institute trägt so dazu bei, Ursachen und Auswirkungen des globalen Klimawandels besser zu verstehen. Denn bisher sind Wolken immer noch die große Unbekannte im Klimasystem.

 

23.03.2017


in Kooperation mit dem idw - Informationsdienst Wissenschaft

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