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Aquakultur in Chile:

Aquakultur in Chile:

Lachszucht mit Risiken und Nebenwirkungen

Studie: Aufzuchtstationen belasten Gewässer

Zum Laichen ziehen Lachse aus dem Meer den Fluss hinauf. Dort schlüpft der Nachwuchs und wächst im sauberen Wasser heran. Dann macht er sich seinerseits auf in Richtung Meer. Wer den beliebten Speisefisch züchten will, muss ihm also je nach Alter unterschiedliche Lebensbedingungen bieten. Aquakulturen in Küstengewässern stehen schon lange im Verdacht, die Meere zu verschmutzen. Wie stark die Aufzuchtbetriebe Seen und Flüsse belasten, haben nun deutsche und chilenische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) untersucht. Sie untersuchten gelöste organische Verbindungen, die aus Lachsfarmen in Chiles Flüsse gelangen. Die Forscherinnen und Forscher warnen davor, dass diese Substanzen die Ökosysteme massiv belasten.

Seit Jahren rangiert Chile auf der Liste der weltweiten Lachsproduzenten auf Platz zwei hinter Norwegen. An den klaren Flüssen, die vom Anden-Hauptkamm herabfließen, sind einige hundert Aufzucht-Stationen entstanden. Etwas größere Lachse leben dagegen in Käfigen in Seen. Die ausgewachsenen Tiere werden in Anlagen umgesetzt, die vor der Küste im Meer verankert sind. Aus den Käfigen für die mittelgroßen und großen Fische rieseln Kot, Futterreste und künstliche Rückstände in die Gewässer. Durch die Becken der Junglachse an den Flussufern wird extrem sauberes Flusswasser geleitet und flussabwärts wieder eingeleitet. Statt klarem Wasser fließt unterhalb solcher Anlagen oft eine nach Fisch stinkende Brühe talwärts. „Es darf inzwischen zwar kein völlig trübes Wasser mehr eingeleitet werden“, berichtet UFZ-Biologe Norbert Kamjunke. Die darin enthaltene Menge von Partikeln muss unter bestimmten Grenzwerten bleiben. Daher klären die Aquakulturen ihr Abwasser inzwischen mithilfe von Absetzbecken und Rotationsfiltern.

Für gelöste Substanzen aber gibt es solche Vorschriften nicht. Diese fließen nach wie vor ohne jede Behandlung oder Überwachung in die Gewässer. Frühere Studien dokumentieren, dass es sich dabei um gewaltige Mengen von aufgelösten Futter- und Kotresten handelt. „Es sind aber auch Desinfektionsmittel und Antibiotika dabei“, erklärt Norbert Kamjunke. Woraus besteht dieser Cocktail genau? Und was bewirkt er in den Gewässern? Die Aquakulturen verpassen den nährstoffarmen Flüssen eine Art Düngerschub. Dadurch verändert sich das ganze Ökosystem. Das ergaben die Analysen von Kamjunkes Team. Sie wurden jüngst im Fachjournal Scientific Reports veröffentlicht.

Die Forscherinnen und Forscher halten es nicht für sinnvoll, an den chilenischen Flüssen noch weitere Aquakulturen einzurichten. Für neue Lachsfarmen in den Seen haben die Behörden bereits einen Genehmigungsstopp verhängt. Daher gibt es bei den Betreibern nun Überlegungen, auch die Haltung der mittelgroßen Lachse von den Seen in die Flüsse zu verlegen. „Das könnte theoretisch durchaus klappen“, meint Norbert Kamjunke. „Ökologisch gesehen aber wäre es überhaupt keine gute Idee“.

30.03.2017


in Kooperation mit dem idw - Informationsdienst Wissenschaft

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