Zum Wissenschaftsjahr 2018
Antarktis – Weltraum – Düsseldorf: Der lange Weg der Flechten

Antarktis – Weltraum – Düsseldorf: Der lange Weg der Flechten

Robuste Flechtenarten überleben unter extremen Bedingungen in der Antarktis

Langzeitversuch Astrobiologie – überleben polare Flechten im All?

750 Flechtenarten überleben die extremen Bedingungen in der Antarktis. Wer so robust der vegetationsfeindlichen Umgebung im ewigen Eis trotzt, kommt auch im Weltraum zurecht. Das sagten sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und schickten 2014 Proben der Flechte Buellia frigida mit an Bord der internationalen Weltraumstation ISS. In Außenbord-Experimenten wurden die Überlebens- und Widerstandsfähigkeit unterschiedlicher Organismen sowie die Stabilität von Biomolekülen unter Weltraum- und simulierten Marsbedingungen getestet. Nach Monaten im Weltraum landeten die Proben im Juni 2016 wieder auf der Erde und werden jetzt im Düsseldorfer Heimatlabor untersucht.

Flechten entwickeln sich aus symbiotischen Lebensgemeinschaften zwischen einem Pilz (Mycobiont) und einem oder mehreren anderen Partnern, die zur Photosynthese fähig sind (Photobiont). Typische Photobionten sind Algen. Flechten wachsen überall, in Polarregionen bilden sie jedoch oft die dominante Vegetation. Einige Arten können selbst bei Temperaturen unter -10°C noch Photosynthese betreiben. Insgesamt 480 Tage war die Buellia frigida Weltraum- sowie simulierten Mars-Bedingungen ausgesetzt. Die Proben waren in der EXPOSE-R-Einheit außen an der ISS angebracht. Dort im Vakuum herrschen nicht nur wesentlich tiefere Temperaturen als in der Antarktis. Hier wirken zudem ungeschützt starke radioaktive Röntgen- und auch UV-Strahlung auf die Flechten ein.

Der Versuch zielt auf die Erforschung der Stabilität von Biomolekülen ab. Diese Frage hat in der Astrobiologie stark an Bedeutung zugenommen. Es geht um Hinweise darauf, inwieweit Biomoleküle die Anwesenheit von Leben auf dem Mars oder in den Ozeanen der Eismonde von Jupiter und Saturn anzeigen können. Auch bieten die Arbeiten in dem Projekt eine substanzielle Basis für geplante Expeditionen zum Mond und zum Mars. Bei solchen Langzeitexpeditionen sind Weltraumfahrerinnen und Weltraumfahrer, anders als Menschen auf der Erde, deutlich höheren Dosen kosmischer Strahlung ausgesetzt.

Ziel des Langzeitexperimentes war es, sowohl die Überlebens- und Widerstandsfähigkeit der Flechte Buellia frigida als auch die Stabilität der biogenen Substanzen unter den extremen Weltraumbedingungen zu testen. Die Ergebnisse von Kurzzeitexperimenten lassen den Schluss zu, dass die Photosyntheseaktivität der Algen in den Flechten unter Weltraumstrahlung sowie unter dem Einfluss des Vakuums intakt und funktionsfähig bleibt. Nun geht es daran, den Langzeitversuch im All auszuwerten. Aus der Antarktis ist bekannt, wie extrem angepasst und zugleich hochsensibel Flechten auf Umwelteinflüsse reagieren. Spannend ist somit, ob sich nach Auswertung des Dauertests die Annahme bestätigt, dass polare Flechten sogar auf dem Mars leben könnten.

 

02.03.17

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