Zum Wissenschaftsjahr 2018
Staudammboom gefährdet Tierwelt

Staudammboom gefährdet Tierwelt

Biodiversität geht in Binnengewässern schneller verloren als in Meeren und Ozeanen

Große Süßwasser-Tierarten weltweit stark vom Aussterben bedroht

Die Zerstörung ihrer Lebensräume, Umweltverschmutzung, übermäßige Nutzung und Arteninvasion sind eine Bedrohung der Lebewesen sowohl in Ozeanen als auch im Süßwasser. In Binnengewässern kommen Staudämme hinzu, die die Bewegungsräume der Tiere zerteilen und einschränken. Vor allem große Arten, die sogenannte Süßwasser-Megafauna, leiden darunter. Der Russische Stör kann vom Kaspischen Meer aus 70 Prozent seiner Laichplätze nicht mehr erreichen; alle Laichplätze, die ursprünglich vom Schwarzen Meer aus zugänglich waren, sind ihm inzwischen versperrt. Weltweit gelten große Wirbeltierarten als besonders stark vom Aussterben bedroht.

Dies gilt zum Beispiel für die Amazonas-Seekuh, den Ganges-Flussdelfin und den Mekong-Riesenwels.

„Die Fragmentierung von Lebensräumen ist neben der Übernutzung von Binnengewässern eine der zentralen Bedrohungen für Süßwasser-Megafauna“, sagt der Wissenschaftler Fengzhi He vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin, Hauptautor einer kürzlich veröffentlichten Studie über das Verschwinden dieser Arten aus Flüssen und Seen. Die Tiere legen häufig lange Wegstrecken zwischen ihren Brut- und Futterplätzen zurück und sind deshalb auf durchgängige Fließgewässer angewiesen. Anfällig für Einflüsse von außen macht sie zudem ihre lange Lebenserwartung, die stattliche Körpergröße, späte Geschlechtsreife und geringe Fruchtbarkeit. Mehr als die Hälfte der Wirbeltiere, die in Süßwasserzonen leben und ausgewachsen mindestens 30 Kilogramm Gewicht auf die Waage bringen, sind den Forscherinnen und Forschern zufolge gefährdet oder sogar akut vom Aussterben bedroht.

Ihre Ausrottung aber hätte Folgen für viele andere Lebewesen in dem jeweiligen Ökosystem, denn allein wegen ihrer Größe stehen die Wirbeltiere oft an der Spitze der Nahrungskette. „Die Bedeutsamkeit von Süßwasser-Megafauna für die Biodiversität und für den Menschen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, betont Fengzhi He. So gestaltet zum Beispiel der eurasische und amerikanische Biber durch seine Lebensweise ganze Flussläufe; Mississippi-Alligatoren schaffen und erhalten im Everglades-Nationalpark in Florida kleine Teiche, die Lebensraum für viele Pflanzen und kleinere Tiere sind. Deshalb fordern die Autorinnen und Autoren der in der Fachzeitschrift „WIREs Water“ erschienenen Studie mehr Forschung zu Binnengewässern und der Süßwasser-Megafauna sowie nachhaltige Naturschutzstrategien.

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