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Das Christkind bringt das Wetter durcheinander

Das Christkind bringt das Wetter durcheinander

Das Phänomen der Erwärmung des Ost- und Zentralpazifik

Das pazifische Klimaphänomen El Niño sorgt für Dürren und Überschwemmungen

Etwa alle zwei bis sieben Jahre erwärmt sich der tropische Ost- und Zentralpazifik. Das Phänomen hat negative Auswirkungen auf die Fischerei vor Peru und Chile, führt aber auch zu Dürren in Afrika und Australien. Da es vornehmlich um die Weihnachtszeit auftritt, nannten die peruanischen Fischer die außergewöhnliche Erwärmung El Niño, das Christkind. Ein scheinbar unendlicher Teppich aus bunten Blüten bedeckte im Oktober 2015 die sonst staubtrockene Atacama-Wüste in Nordchile. Es war die größte Blütepracht in der Region seit 18 Jahren. Gleichzeitig leidet das südliche Afrika seit Ende 2015 unter einer außergewöhnlichen Dürre. Beide Phänomene haben eine gemeinsame Ursache: Ein Erwärmung des tropischen Ost- und Zentralpazifiks.

Das Phänomen tritt alle zwei bis sieben Jahre auf und ist unter dem Namen „El Niño“ bekannt. „Es handelt sich um die stärkste kurzfristige natürliche Klimaschwankung weltweit und ist ein klassisches Beispiel für umfangreiche Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre“, erklärt der Klimaforscher Professor Dr. Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Wie der 2015/2016er-El Niño eindrücklich zeigt, haben diese Ereignisse weitreichende Folgen. Sie führen nicht nur in Afrika, sondern auch in Ostasien und Australien zu Dürren, sie verursachen starke Niederschläge über weiten Teilen des westlichen Südamerikas und rufen deutliche Klimaanomalien über Nordamerika hervor.

Das Wort „El Niño“ stammt aus dem Spanischen (el niño: das Christkind) und wurde von den peruanischen Küstenfischern bereits im vorletzten Jahrhundert geprägt. Sie beobachteten, dass alljährlich zur Weihnachtszeit die Wassertemperaturen an der Meeresoberfläche anstiegen, was das Ende der Fangsaison markierte. Die Fischer nannten dieses jahreszeitliche Signal „El Niño“. In einigen Jahren war die Erwärmung allerdings besonders stark, und die Fische kehrten auch nicht wie sonst üblich am Ende des Frühjahrs wieder.

Diese besonders starken Erwärmungen dauern typischerweise etwa ein Jahr lang an. Heute werden nur noch diese außergewöhnlichen Erwärmungen mit »El Niño« bezeichnet. Analog hierzu beobachtet man auch außergewöhnlich starke Abkühlungen, die man La Niña-Ereignisse nennt.

Die Erwärmung der Wasseroberfläche während eines El Niño-Ereignisses erstreckt sich in Äquatornähe etwa über ein Viertel des Erdumfangs. Dabei steigen die Wassertemperarturen im äquatorialen Ostpazifik um bis zu 5° C. Die Entwicklung von El Niño ist eng an atmosphärische Prozesse gekoppelt. „Entscheidend sind dabei die Temperatur- und Druckunterschiede zwischen dem äquatorialen West- und Ostpazifik, die die Stärke der Passatwinde längs des Äquators im Pazifik bestimmen“, sagt Professor Latif.

Unter dem Einfluss dieser Passatwinde quillt vor der Küste Südamerikas normalerweise kaltes Wasser an die Meeresoberfläche. Eine anfängliche Erwärmung des Ostpazifiks kann aber den Ost-West-Gegensatz der Temperatur vermindern. Dadurch schwächen sich die Druckgegensätze und die Passatwinde ab und weniger kaltes Tiefenwasser gelangt im Ostpazifik an die Oberfläche. Dadurch steigt die Oberflächentemperatur dort weiter an und der Temperaturgegensatz zwischen Ost- und Westpazifik verringert sich noch mehr. Schließlich gipfelt diese Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre in einem El Niño-Ereignis.

Mit den neuesten Klimamodellen und zahlreichen Messdaten aus den Ozeanen ist die Wissenschaft heute in der Lage, El Niño-Ereignisse etwa sechs Monate im Voraus vorherzusagen. „Neueste Studien weisen aber darauf hin, dass der allgemeine Klimawandel auch Einfluss auf El Niño haben wird. So zeigen Modellrechnungen, dass häufiger besonders ausgeprägte El Niño-Ereignisse auftreten können“, erläutert der Klimaforscher.

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