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Bei minus 29 Grad: Bohrung im sibirischen Permafrost

Bei minus 29 Grad: Bohrung im sibirischen Permafrost

Was passiert, wenn Permafrostböden tauen?

Forscherinnen und Forscher untersuchen Folgen der Klimaerwärmung

Dauerfrostboden, dem sogenannten Permafrost, wird eine Schlüsselrolle bei Klimaveränderungen zugeschrieben: Würde er im Zuge der Erderwärmung auftauen, könnten große Mengen an Treibhausgasen in die Atmosphäre gelangen. Folge wäre eine weitere Erwärmung des Klimas. Bislang gibt es jedoch keine eindeutigen Vorhersagen zu den Entwicklungen in den Permafrostgebieten. Das soll sich ändern. Gerade hat ein deutsch-russisches Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine Expedition beendet, bei der es Proben des Untergrunds vom Lena-Delta auf der sibirischen Halbinsel Bykovsky genommen hat, unweit des Nordpolarmeers.

Insgesamt wurden 96 Meter gefrorene Kerne erbohrt. Im Labor des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) in Potsdam untersuchen die Forscherinnen und Forscher jetzt die mikrobiellen Lebensgemeinschaften und ihre Funktion im Kohlenstoffkreislauf der unterschiedlichen Sedimente, wie Susanne Liebner vom GFZ berichtet. Sie wollen herausfinden, welche Stoffwechselprozesse in den verschiedenen Zonen bevorzugt ablaufen. „Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass in der Übergangszone zwischen dauerhaft gefrorenem Untergrund und aufgetauten Schichten durch mikrobielle Prozesse ein Teil des Methans (CH4) zu Kohlendioxid (CO2) umgewandelt wird“, sagt Liebner, die Leiterin der Helmholtz-Nachwuchsgruppe MicroCene in der Sektion Geomikrobiologie am GFZ ist. „Dies ist zwar auch ein Treibhausgas, dennoch ist dieser Prozess eine wichtige Senke für das deutlich klimawirksamere Methan, wir sprechen auch von einem ,Methanfilter´“.

Die Forschungsarbeiten sollen genauere Informationen darüber liefern, welche Art und welche Menge an Treibhausgasen bei einer Erderwärmung tatsächlich aus dem tauenden Permafrost abgegeben wird. Denn dieser Prozess ist so komplex, dass es dabei nach wie vor viele Unsicherheiten gibt.

Bei der Expedition arbeiteten Forscherinnen und Forscher vom GFZ sowie vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) eng zusammen mit russischen Kolleginnen und Kollegen. Während jetzt im GFZ mikrobiologische Untersuchungen beginnen, wollen die AWI-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler Ausmaß und Geschwindigkeit der Veränderungen untersuchen, die im Permafrostgelände bei steigenden Temperaturen auftreten. Erste Auswirkungen zeigen sich bereits: Häuser und Straßen, die einmal auf fest gefrorenem Boden errichtet worden waren, drohen nun im weichen Untergrund zu versinken.

Dauerfrostboden ist überwiegend ein Phänomen der Nordhalbkugel. Rund ein Viertel des Festlandes dort befindet sich im Permafrostbereich. Auf der Südhalbkugel kommt Permafrost nur in Hochgebirgen, eisfreien Gebieten der Antarktis und auf subantarktischen Inseln vor.


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