Zum Wissenschaftsjahr 2018
Tarnen, spähen, balzen - Fische leuchten rot im Unterwasser-Distrikt

Tarnen, spähen, balzen - Fische leuchten rot im Unterwasser-Distrikt

Meeresfische und ihre fluoreszierenden Farbzellen

Tübinger Ökologen entschlüsseln die Bedeutung der Biofluoreszenz

Auf Fotos können wir den Farbenrausch tropischer Korallenriffe bewundern. Dabei handelt es sich jedoch um ein Kunstprodukt fotografischer Aufnahmen mit Blitzlicht. Tatsächlich filtert Wasser Gelb-, Orange- und Rottöne effizient aus dem einfallenden Sonnenlicht heraus. Ozeane und die darin lebenden Meerestiere erscheinen darum ab Wassertiefen von zehn Metern monoton blaugrau.

Einige Fische benutzen aber einen Trick, um auch in dieser Umgebung lokal rotes Licht zu erzeugen. Fluoreszierende Farbzellen nehmen dabei das blaue Umgebungslicht auf und senden es in Rottönen wieder aus. Evolutionsökologen der Universität Tübingen erforschen Meeresfische, die diese natürliche Biofluoreszenz entwickelt haben. Im Rahmen einer Studie überprüften die Forscher mehr als 600 verschiedene Fischarten. Sie konnten nachweisen, dass die rote Fluoreszenz von einigen Meeresfischen, wie beispielsweise dem Rotaugen-Zwerglippfisch, selbst wahrgenommen wird. Darüber hinaus gingen sie der Frage nach, welchen Nutzen diese Eigenschaft haben kann.

Durch einen Abgleich mit der natürlichen Umwelt der untersuchten Fische kristallisieren sich drei wesentliche Funktionen heraus:

Räuber wie etwa Skorpions- oder Plattfische geben unregelmäßig über den Körper verteilte Fluoreszenzsignale ab. „Vor einem Substrat mit zahlreichen ebenfalls fluoreszierenden Algen fallen diese Ansitzjäger weniger auf und verbessern ihre Tarnung“, vermutet der Erstautor der Studie, Dr. Nils Anthes.

Bei Planktonfressern wie Riffbarschen oder Grundeln dagegen prägt sich rote Fluoreszenz rund um das Auge aus. Die Forscher vermuten hier einen Zusammenhang mit der Nahrungssuche. „Die rote Lichtquelle kann die Augen von winzig kleinen und meist transparenten Beutetieren aufleuchten lassen und damit deren Position verraten“, erklärt Professor Dr. Nico Michiels. Dieser bisher unbekannte Mechanismus sei vergleichbar mit der Echoortung bei Fledermäusen und ist Gegenstand laufender experimenteller Forschungsarbeiten der Gruppe.

Und auch bei der Partnerwahl einiger Meeresbewohner scheint die Signalfarbe Rot eine Rolle zu spielen. Fischarten mit unterschiedlicher Färbung der Geschlechter zeigten überproportional häufig rot fluoreszierende Flossen. Die Färbung der Flossen verstärke Balzrituale. So gehen die Forscher davon aus, dass auf diese Weise wählerischen Weibchen eine besonders gute genetische Kondition des Männchens anzeigt werde. Die Studie, jüngst in der Zeitschrift 'Frontiers in Ecology and Evolution' erschienen, wirft ein neues Licht auf die Kommunikation unter Wasser. „Die bislang dominierende Annahme, dass rotes Licht dort keine Rolle spielt, muss nach den neuen Forschungsergebnissen verworfen werden“, sagt Anthes. Offenbar hätten Fische im Laufe der Evolution eine ganze Trickkiste entwickelt, um die in ihrer Umwelt deutlich reduzierte Farbpalette aus eigener Kraft zu erweitern. Deren Nutzen sind die Tübinger Forscher nun in weitergehenden Experimenten auf der Spur.

 

Bitte konsumieren Sie möglichst nur nachhaltig gefischte Bestände von Fisch und Meeresfrüchten. Informieren Sie sich dazu beispielsweise in den einschlägigen Fischratgebern.


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