Zum Wissenschaftsjahr 2018
Radartechnik ermöglicht tiefe Einblicke ins Gletschereis

Radartechnik ermöglicht tiefe Einblicke ins Gletschereis

Neue Radartechnik für Gletscher

Neue Daten zur Sommerschmelze in Grönland und Antarktis erhofft

Die Gletscherschmelze lässt den Meeresspiegel ansteigen. Eine neue, satellitengestützte Messmethode soll künftig bisher unbekannte Daten dazu liefern und einen Blick ins Innere des Eispanzers ermöglichen.

Auf der Oberfläche der großen Gletscher in Grönland und der Antarktis bilden sich im Sommer zunehmend Schmelzwasserseen. Die Wassermassen bahnen sich fast immer einen Weg durch den Eispanzer und wirken dort wie ein Schmiermittel. Dadurch beschleunigt sich das Fließtempo der Gletscher. Die Folge: Immer mehr Eis rutscht in den Ozean und der Meeresspiegel steigt stärker. Eine neue Radartechnik könnte Wissenschaftlern nun umfassende Daten zu den Vorgängen rund um die Eismassen liefern.

Das Besondere an der Messmethode Tandem-L: Sie lässt Blicke tief in das Eis zu. Tandem-L „sendet Radarwellen mit einer Wellenlänge von 24 Zentimetern aus, die im Gegensatz zur bisherigen Satellitentechnik bis zu 100 Meter tief in Eis und Schnee eindringen“, erläutert Angelika Humbert vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Das AWI hat Experten vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei der Entwicklung des neuen Radarkonzepts unterstützt, das auf einem tomographischen Verfahren basiert und auch das Eindringen des Schmelzwassers sichtbar machen kann.

Um die Eisoberfläche in Grönland und der Antarktis zu vermessen und anhand der Höhenunterschiede die Eisverluste der Eisschilde zu berechnen, nutzten Gletscherforscher (Glaziologen) bislang sogenannte Altimeter. Diese tasten die Eisoberfläche mithilfe von Lasern oder Radar ab. Tandem-L macht erstmals auch den Blick in die Eispanzer hinein möglich. Eingesetzt werden sollen für die Mission zwei Satelliten, die jeweils mit einem L-Band-Radar ausgestattet werden und die Erdoberfläche auf einem 175 bis 350 Kilometer breiten Streifen abtasten sollen. „Tandem-L wird uns nicht nur die wichtigen Eisinformationen liefern, wir erhalten zum Beispiel auch dringend benötigte Daten zur globalen Waldbiomasse, zur Bodenfeuchte und zu den Meeresströmungen“, sagt die wissenschaftliche Koordinatorin der Satellitenmission, Irena Hajnsek vom Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme des DLR.

Ende November wird der Wissenschaftsrat über den Bau des Radars und den Start der gleichnamigen Satellitenmission beraten. Das Ergebnis der Begutachtung wird für Mitte 2017 erwartet; 2022 könnte Tandem-L dann loslegen.