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Schneefall im Meer – die Tiefsee als Lagerstätte für CO2?

Schneefall im Meer – die Tiefsee als Lagerstätte für CO2?

Mikroorganismen sind für das Gleichgewicht des marinen Ökosystems und für das Klima wichtig

Bremer Mikrobiologen untersuchen marine Schneebildung durch Algen

Schneefall im Meer? Meeresbiologen kennen dieses Phänomen seit langem. Leise rieselt in den Ozeanen organisches Material von der Meeresoberfläche hinab in Richtung Boden. In Zeiten des Klimawandels hat sich die marine Schneebildung' sogar noch verstärkt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Jacobs University in Bremen wollen diesen Vorgang jetzt besser verstehen lernen. In einem neuen Forschungsprojekt fokussieren sie sich auf Algen und deren Appetit auf CO2. Die winzigen Photosynthetiker binden Kohlendioxid. Sinken sie zu Boden, so entziehen sie dem Meer das ungeliebte Element. Doch nur ein Bruchteil der Sinkstoffe kommt auch auf dem Tiefseeboden an. Wenn die Partikel zu langsam sinken, nutzen andere Mikroben ihre Chance und verwerten die Bestandteile als Nahrung. Dabei betreiben sie Zellatmung und es bildet sich CO2, das erneut im Meerwasser gelöst wird.

Die Überlegung der Bremer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geht in folgende Richtung: Je schneller die Partikel sinken, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass CO2 wieder ins Meerwasser abgegeben wird. Stattdessen würden die Kohlenstoffe auf dem Meeresboden gelagert werden. An der Meeresoberfläche wäre Platz geschaffen für zusätzliche natürliche Photosynthese. Hierüber könnten die Kieselalgen der Atmosphäre weitere Schadstoffe entziehen.

Die Forscherinnen und Forscher arbeiten bereits seit 2012 an dem Thema. Das Vorgänger-Projekt beschäftigte sich mit dem Zusammenspiel von Algen und Bakterien und schloss mit der Entwicklung und Erprobung eines Modellsystems ab. Auf dieser Grundlage hoffen die Wissenschaftler nun mit weiteren Untersuchungen „konkretere Vorhersagen über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meere machen zu können“, so der Mikrobiologe Professor Matthias Ullrich.

Für ihre Forschung müssen die Wissenschaftler nicht einmal seefest sein. Sie erfolgt im Labor, anhand einer Musteralge – „einer sehr schön aussehenden, mikroskopisch kleinen Kieselalge“, wie Ullrich ergänzt. Gemeinsam mit seinem Team nutzt der Mikrobiologe eine Rolltankanlage, in der sich mit Nordseewasser gefüllte Behälter kontinuierlich bewegen. Die in dem Wasser befindlichen Algen verklumpen und bilden immer größere Partikel. Unter welchen Umweltbedingungen sie dies am besten tun, welche Bakterien daran beteiligt sind und welchen Einfluss das CO2 auf diesen Prozess hat, werden die Wissenschaftler in den kommenden 36 Monaten untersuchen.

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Projekt verweist darauf, wie wichtig Mikroorganismen für das Gleichgewicht des marinen Ökosystems und für das Klima sind. Gelingt es die Schneeflocken so anzudicken, dass es bis in die unteren Lagen schneit, wird sich das auf lange Sicht auch auf das Klima auswirken. Ein Traum wäre es, Wege zu finden, die Auswirkungen des Klimawandels zu reduzieren und gleichzeitig das Absinken zu befördern, skizziert Ullrich den Forschungshorizont.

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