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Mikrobe aus karibischen Gewässern fällt aus der Reihe

Mikrobe aus karibischen Gewässern fällt aus der Reihe

Abläufe, die hinter der Zellteilung stehen, sind komplexer als bisher angenommen.

Bakterienart teilt sich auf bisher unbekannte Weise

Bakterien pflanzen sich fort, indem sie sich teilen. Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass der Prozess immer gleich abläuft: Ein Protein legt sich wie ein Ring um das Bakterium und schnürt es regelrecht ab. Jetzt aber haben Wissenschaftler beschrieben, dass das nicht immer so geschieht. In karibischen Gewässern fanden sie eine Bakterienart, die sich nicht in Form eines Ringes teilt, sondern parallel zur Längsachse ihres Wirts, des Fadenwurms Robbea hypermnestra. Diese Entdeckung könnte bei der Entwicklung zukünftiger Antibiotika helfen.

Ziel dieser Forschungsarbeit war es, Mikroorganismen in ihrer natürlichen Umgebung zu untersuchen. „Fast alle bisherigen Forschungen zum Thema wurden an einer Handvoll Modellorganismen durchgeführt, die sich im Labor kultivieren lassen“, erklärt Niko Leisch vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Die weitaus meisten Mikroorganismen gedeihen aber noch nicht im Labor und können nur in ihrer natürlichen Umgebung untersucht werden. Leisch untersuchte in karibischen Gewässern besondere Bakterien, die auf der Oberfläche eines Fadenwurms leben. Bakterium und Wurm bilden dabei eine Lebenspartnerschaft, eine Symbiose.

Auch hier gingen die Wissenschaftler zunächst von der üblichen Art der Vermehrung durch ein Protein namens FtsZ aus. „In den Lehrbüchern der Mikrobiologie steht, dass Zellen vor der Teilung einen Ring aus FtsZ bilden“, so Niko Leisch. „Doch trotz hochauflösender mikroskopischer Verfahren mit speziellen Farbstoffen konnten wir keinen Ring finden.“ Leisch, Studienleiterin Silvia Bulgheresi (Universität Wien) und Tanneke den Blaauwen von der Universität Amsterdam beobachteten: Dieses stäbchenförmige Bakterium liegt der Länge nach auf seinem Wirt und teilt sich parallel zu dessen Längsachse – nicht wie üblich quer. Und es teilt sich asynchron: Zuerst stülpt es die Seite ein, mit er es am Fadenwurm haftet, die andere Seite erst danach.

Niko Leisch sieht darin die Bestätigung dafür, wie wichtig Arbeiten an Bakterien in ihrer natürlichen Umwelt sind. Denn sie zeigen, dass die Abläufe, die hinter der Zellteilung stehen, komplexer sind als bisher angenommen.

Noch ist unklar, warum gerade diese Bakterien sich auf diese spezielle Weise teilen. Die Forscher nehmen an, dass der Wurm einen großen Einfluss auf ihre Zellteilung hat. Unbekannt ist jedoch, wie der Wurm seine Signale an die Bakterien gibt.

Warum das wichtig werden kann? „Bei der Entwicklung neuer Antibiotika ist es wichtig, Bakterien am Wachstum zu hindern“, erklärt Leisch. „Der Wurm kann das scheinbar. Wenn wir herausfinden, wie er das macht und wie die Zellteilung der Bakterien gesteuert wird, kann das bei der Entwicklung zukünftiger Antibiotika helfen.“

18.10.2016

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