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Meeresviren als Klimaakteure

Meeresviren als Klimaakteure

Die Auswirkungen von Viren in Ozeanen auf das Klima

Vielfalt der Viren in Ozeanen dreimal höher als bislang bekannt

Experten schätzen, dass jeder Tropfen Meerwasser von der Wasseroberfläche rund zehn Millionen Viren in sich trägt. Die Virenmenge in allen Weltmeeren zu beziffern, ergäbe eine schwindelerregende Zahl mit 30 Nullen. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Ohio State University mit Beteiligung der Universität Wien sorgte jetzt zumindest für einen Überblick bei der Frage nach der Typenanzahl. Die Studie enttarnte über 15.000 verschiedene Virustypen, dreimal mehr als bisher bekannt, und liefert einen wichtigen Beitrag zur Katalogisierung der genetischen Vielfalt der Viren in den Weltmeeren.

Viren werden gemeinhin als Krankheitserreger gefürchtet. Weitgehend unbekannt ist dagegen, dass die meisten Viren ausschließlich Mikroorganismen befallen. Diese spielen wiederum eine wichtige Rolle für die Ökosysteme, in denen sie leben. Manche Mikroben produzieren Treibhausgase wie Kohlendioxid oder Methan, andere nehmen diese aus der Atmosphäre auf. Auf diese Weise leisten mikrobielle Prozesse einen entscheidenden Beitrag zu den globalen Stoffkreisläufen und beeinflussen das Klima. Wird ein Bakterium von einem Virus infiziert, so verändert es sich dadurch in seiner Funktion. Das muss aber nicht zwangsläufig negativ für das Ökosystem sein. Gefährliche Algenblüten in den Meeren oder in Seen werden beispielsweise mit großer Wahrscheinlichkeit durch Viren in Schach gehalten.

Die jüngst in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie präsentiert eine Genom-Enzyklopädie von 15.222 verschiedenen Virustypen, die in 867 Gruppen mit ähnlichen Eigenschaften eingeteilt wurden. Ermöglicht wurde dieser umfassende Katalog von Meeresviren durch die Forschungsarbeit während zwei globaler Ozeanexpeditionen. Die Forscherteams untersuchten die in den zahlreichen Meereswasserproben vorhandenen Viren mittels moderner DNA-Sequenzierungsverfahren. Im Zuge der Arbeit zeigte sich zudem, dass Viren viel stärker vielfältigste Funktionen der Mikroorganismen in einem Ökosystem beeinflussen können als bislang angenommen wurde. „Die Vielzahl der verschiedenen mikrobiellen Gene, die in den Genomen der marinen Viren entdeckt wurden, ist beeindruckend. Durch Manipulation des Stoffwechsels von mikrobiellen Schlüsselspielern könnten Viren gezielt in den Kohlenstoff-, Stickstoff- oder Schwefelkreislauf der Ozeane eingreifen“, erklärt der Mikrobiologe Dr. Alexander Loy, assoziierter Professor an der Universität Wien.

Da Meeresviren überraschend vielfältigen Einfluss auf die Meeresmikroben nehmen, die wiederum eine wichtige Rolle für das Ökosystem Ozean spielen, haben diese Wechselwirkungen zwischen Viren und Mikroben auch Konsequenzen für unser Klima. Zudem könnten Mikroben-infizierende Viren vergleichbare Prozesse über das Meer hinaus auch in anderen Ökosystemen wie etwa Böden, Seen, Flüssen oder dem menschlichen Körper auslösen.

06.10.2016

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