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Monsterwellen – wie und wann türmt sich das Wasser auf den Ozeanen?

Monsterwellen – wie und wann türmt sich das Wasser auf den Ozeanen?

Wie gewaltige Brecher entstehen

Studie untersucht Möglichkeiten der Vorhersage von Riesenwellen

Monsterwellen wurden von Forschern lange Zeit als Seemannsgarn abgetan. Dann schoss 1995 vor Norwegens Küste eine 26-Meter-Welle auf die Gasplattform „Draupner E“ zu. Neben der „Draupner-Welle“ haben Messbojen und Kameras inzwischen zahlreiche solcher Wasserwalzen dokumentiert. Statistisch gesehen mutiert nicht einmal jede hunderttausendste Welle zu einer Monsterwelle. Dennoch stellen sie  eine unberechenbare Gefahr für die Seefahrt, Windräder und Förderplattformen dar. Ein neuer Ansatz könnte jetzt Licht in das Mysterium Monsterwelle bringen.

Seit zwei Jahrzehnten grübeln Forscher über der Frage, wie derartig gewaltige Brecher entstehen können. Die zahlreichen Theorien dazu lassen sich im Wesentlichen in zwei Kategorien unterteilen, nämlich in  lineare und nichtlineare Ansätze. Die Statistiker unterstellen, dass Monsterwellen aufgrund zufälliger linearer Überlagerungen vieler Einzelwellen entstehen. Demzufolge hat ein Schiff einfach Pech, wenn es von einem solchen Ungetüm getroffen wird. Kommen jedoch die Quantenphysik und die Chaostheorie ins Spiel, sieht der Fall anders aus. Nichtlineare Theorien versprechen, dass es charakteristische Wellenmuster geben könnte. Diese würden es erlauben, Monsterwellen vorherzusagen.

In Zusammenarbeit mit der Leibniz-Universität in Hannover und der Technischen Universität in Dortmund berichtet nun eine Forschergruppe vom Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) über einen neuen Ansatz. Dieser misst die Komplexität der Wellendynamik mittels der sogenannten Phasenraumdimension. Die Messdaten fließen in einen rein abstrakten mathematischen Raum ein, der nichts mit unserem „alltäglichen“ dreidimensionalen Raum zu tun hat. Im Ergebnis lassen sich die überlagernden Wellen dann realistischer abschätzen. Die Analyse der Phasenraumdimension fokussiert den Blick auf Unregelmäßigkeiten in der relativ einfach strukturierten Dynamik der Ozeanoberfläche. Treffen im Ausnahmefall  zwei verschiedene Wellengruppen aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander, erhöht sich das Risiko für eine Monsterwelle plötzlich um das Zehnfache. Die Dimensionsanalyse erlaubt es nun, die Wahrscheinlichkeit solcher Situationen frühzeitig zu erkennen. Der exakte Ort und Zeitpunkt einer einzelnen Monsterwelle lassen sich auf diese Weise jedoch nicht rechtzeitig vorhersagen.

Die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie eröffnet somit eine neue Perspektive für das Verständnis von Monsterwellen. Zuletzt hatte sich die  Forschung sehr auf die Rolle von Nichtlinearitäten konzentriert. Diese scheinen im Lichte der Studie betrachtet aber eine geringe Rolle zu spielen. Das MBI-Team um Dr. Günter Steinmeyer betont die altbekannte Rolle von Winden über dem Ozean bei der Entstehung von Wellen. Diesen Aspekt gelte es bei der Untersuchung von Monsterwellen gebührend zu berücksichtigen. Dann sei es möglich, kreuzende Wellengruppen durch meteorologische Analysen frühzeitig zu prognostizieren.

20.10.2016

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