Zum Wissenschaftsjahr 2018
Das Korallenthermometer muss neu justiert werden

Das Korallenthermometer muss neu justiert werden

Stress kann in Korallen gespeicherte Umweltinformationen verändern

„El Niño“ und andere Stressfaktoren können Klimaarchive beeinflussen

Korallen spielen in der Wissenschaft eine wichtige Rolle als Chronisten: Sie speichern in ihren Kalkskeletten über Jahrtausende Informationen über die Umweltbedingungen, unter denen sie leben. Mit Hilfe dieser Daten können Forscher aus abgestorbenen Korallen das Klima über Zehntausende von Jahren rekonstruieren. Allerdings, so fanden deutsche Wissenschaftler nun heraus, können Klimaphänomene wie „El Niño" so sehr auf Wachstum und Stoffwechsel der Korallen einwirken, dass Temperaturrekonstruktionen verfälscht werden können.

„Nach dem ausgeprägten El-Niño-Ereignis von 1997/98 schädigte die sogenannte Korallenbleiche etwa 16 Prozent der globalen Bestände“, erklärt der Paläoozeanograph Steffen Hetzinger vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Er untersuchte gemeinsam mit anderen Forschern ein Korallenriff an der venezolanischen Karibikküste. Dort trat seit Mitte der 1990er Jahre mehrmals eine Korallenbleiche auf. Zusätzlich belasteten beispielsweise außergewöhnliche Planktonblüten die Korallen. „Außerdem hat eine Starkregenkatastrophe im Dezember 1999 so viel Schlamm ins Meer geschwemmt, dass die Küstengewässer über Jahre getrübt waren“, berichtet Hetzinger. Alles dies hatte zur Folge, dass die Korallen entlang der Küste deutlich langsamer oder gar nicht mehr wuchsen.

„Als wir die Proben aus den Korallen auf bestimmte, wichtige Isotopenverhältnisse hin untersuchten, zeigten sich deutliche Verschiebungen zwischen der Zeit vor den Umweltstressereignissen und danach“, erläutert Hetzinger. Diese Isotopenverhältnisse dienen normalerweise als Indikatoren für bestimmte Umweltdaten wie Temperatur oder Salzgehalt. „Es war zwar bekannt, dass man in den Korallenskeletten Extremereignisse wie El Niños erkennen kann. Aber unsere Studie zeigt deutlich, dass man die physiologischen Veränderungen der Korallen berücksichtigen muss, wenn man sie für Klimarekonstruktionen nutzen möchte“, betont der Paläoozeanograph. Die Arbeit, an der auch Wissenschaftler der RWTH Aachen, der Christian-Albrechts-Universität Kiel und der Freien Universität Berlin beteiligt waren, erschien kürzlich in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“.

27.09.2016

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