Zum Wissenschaftsjahr 2018

Das Blaue Telefon: Ihre Fragen zum Thema Meere und Ozeane

Es ist, bildlich gesprochen, so blau wie der Ozean weit draußen auf hoher See: das Blaue Telefon. In der gleichnamigen Rubrik beantwortet die Zeitschrift mare, Medienpartner des Wissenschaftsjahres 2016*17, in Zusammenarbeit mit MARUM, dem Bremer Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, in jeder Ausgabe Fragen ihrer Leser. 

Wenn auch Sie eine Frage ans Blaue Telefon haben, schreiben Sie eine E-Mail an wat(at)mare.de.


Welches Land hat die längste Küstenlinie: Russland oder Kanada?

Wenn ein Wanderer eine Tour entlang der kanadischen Küstenlinie unternähme und dabei täglich 20 Kilometer zurücklegte, wäre er mehr als 33 Jahre unterwegs. Laut amtlichem Atlas misst die kanadische Küste einschließlich der ungezählten Buchten und Inseln nämlich 243.042 Kilometer. Das ist weltweit spitze.

Zwar kommt das World Fact Book des US-Auslandsnachrichtendienstes CIA nur auf 202.080 Kilometer; das ist aber immer noch mehr als das Fünffache der russischen Küstenlänge von 37.653 Kilometern. Der Vergleich hat allerdings einen Haken. Die Messungen der Kanadier basieren auf topografischen Karten im Maßstab von 1:25.000. Würden die Küstenlinie mit genaueren Karten etwa auf der Basis 1:5.000 vermessen, wäre das Ergebnis entsprechend präziser und die Distanz würde zunehmen. Ein Maßstab von 1:1.000 ergäbe eine weitere Steigerung der Genauigkeit – und der Länge. In seinem Buch „Die fraktale Geometrie der Natur“ schrieb Benoit Mandelbrot deshalb einst: „Die Länge einer Küstenlinie erweist sich als ein undefinierbarer Begriff.“ Sie solle laut Mandelbrot daher am besten als unendlich angesehen werden. So betrachtet wären die Küsten Russlands und Kanadas jeweils unendlich, wohl aber nicht gleich lang.


Wohin verschwinden eigentlich die Abfälle auf den Kreuzfahrtschiffen?

Amerikanische Umweltorganisationen beklagen, dass US-Kreuzfahrtschiffe wiederholt Öl, Müll und Abwasser illegal im Meer entsorgt hätten. Damit verstießen sie gegen das internationale Umweltabkommen MARPOL – dass allerdings erlaubt, bestimmte Abwässer aus Kombüsen, Wäschereien und Duschen ins Meer einzuleiten. Dass dadurch vor allem sensible Küstengewässer zusätzlich mit Nährstoffen belastet werden, ist dem Umweltverband WWF ein Dorn im Auge.

Der WWF möchte erreichen, dass diese sogenannten Grauwasser zukünftig verstärkt an Land entsorgt werden. Deutschen Kreuzfahrtreedereien ist schon aus Imagegründen daran gelegen, Abfälle möglichst umweltgerecht zu entsorgen. „Aus diesem Grund ziehen wir an Land sowie an Bord Produkte vor, die möglichst wenig Abfall verursachen“ sagt Frauke Strübing von der Reederei AIDA Cruises. Die Crewmitglieder sortieren Abfälle an Bord und bereiten sie so für eine fachgerechte Entsorgung vor. Papier, dünnes Plastik oder Glas wird an Bord geschreddert und später an Land entsorgt. „Chemikalien aus dem Fotolabor, ölige Filter oder Batterien werden in Sammelstationen gelagert, sicher verpackt und geeigneten Entsorgern übergeben“, betont Frauke Strübing. Bleibt zu hoffen, dass Ansätze wie diese zukünftig umfassender und nachhaltiger umgesetzt werden und die Zahl der schwarzen Schafe spürbar abnimmt.


Wann und wie kam das Wasser auf die Erde?

Im finsteren Erdzeitalter des Hadaikum (angelehnt an die griechische Unterwelt Hades), 4,6 Milliarden Jahre bis 4,0 Milliarden Jahre vor heute (vor unserer Zeit), ähnelte die Erde eher dem Mond als unserem heutigen blauen Planeten: Ihre Oberfläche war von Kratern zerfurcht, und Kontinente existierten noch nicht. Irgendwann in diesem Zeitalter kam das Wasser auf die Erde.

Anhand der ältesten Gesteine konnten Geologen nachweisen, dass schon vor 4,03 Milliarden Jahren flüssiges Wasser auf der jungen Erde existierte. Was davor war, bleibt ungewiss. Auch der Ursprung des Wassers ist bislang nicht hundertprozentig geklärt. Zwei Theorien konkurrieren miteinander: Wasser könnte aus dem Erdinneren über die damals zahlreichen Vulkane ausgegast worden sein. Als die Erde sich dann abkühlte, kondensierte der in der Atmosphäre gesammelte Wasserdampf und es begann zu regnen – mehrere tausend Jahre lang. So entstand ein Urozean, aus dem sich später die Kontinente erheben sollten. Eine zweite Möglichkeit für die Herkunft des flüssigen Nass' sind Kometen, die mit der Erde kollidierten und dabei auch Wasserdampf freisetzten. Ob einer der beiden Prozesse wichtiger war oder ob sie sich trefflich ergänzten, blieb (bleibt) bislang aber ungeklärt.


Stimmt es, dass die Hälfte des gesamten, jährlich produzierten Sauerstoffs durch Algen freigesetzt wird?

Es ist sogar deutlich mehr als die Hälfte! Etwa zwei Drittel des jährlich freigesetzten Sauerstoffs werden von Süß- und Salzwasseralgen produziert. Diese meist einzelligen Organismen gehören zu den ältesten Pflanzen der Erde. Sie gehören zum Plankton, das in den obersten 100 bis 200 Metern des Wassers schwebt. Nur dort können Algen genügend Licht und Nährstoffe aufnehmen, um Photosynthese zu betreiben.

Die Pflanzen nutzen dabei die Energie des Lichts, um organische Substanz aufzubauen. Dabei entsteht Sauerstoff als Nebenprodukt. Kieselalgen produzieren den Löwenanteil des Sauerstoffs. Sie sind so weit verbreitet, dass sie noch in der kleinsten Wasserpfütze vorkommen und sogar in feuchten Böden bei geringem Lichteinfall Photosynthese betreiben können. In einem Liter Meerwasser können Tausende bis Millionen der kieseligen Einzeller vorkommen, und in manchen Seegebieten wird die Planktongemeinschaft fast völlig von ihnen beherrscht. So verwundert es wenig, dass Kieselalgen als größte Sauerstoffproduzenten der Weltmeere gelten.