Zum Wissenschaftsjahr 2018
In Offshore liegt die Zukunft – Umweltverträgliche Aquakultur im Windpark

In Offshore liegt die Zukunft – Umweltverträgliche Aquakultur im Windpark

Expertenbeitrag von Dr. Britta Grote

In Offshore liegt die Zukunft – Umweltverträgliche Aquakultur im Windpark

Expertenbeitrag von Dr. Britta Grote, AWI
Weltweit fangen Fischer immer weniger Fische im Meer. Woher aber kommt dann der Fisch, den wir Menschen essen? Immer häufiger aus Zuchtanlagen. Heute stammen bereits 50 Prozent der Fische und Meeresfrüchte sowie 96 Prozent der Algen aus Aquakultur-Haltung. Es wird erwartet, dass diese Zahlen steigen. Einher geht damit jedoch, dass mehr Anlagen und somit auch mehr Fläche für Aquakulturhaltung benötigt werden.

In Deutschland ist küstennahe Aquakultur in der Nordsee aus zwei Gründen nicht möglich: Zum einen ist das Wattenmeer ein Nationalpark und damit ein Schutzgebiet; zum anderen ist das Wasser an vielen Orten zu trüb und enthält zu viele Partikel, um Meeresorganismen zu kultivieren. Eine Alternative zur eigentlich kostengünstigeren Küstenaquakultur ist die gemeinsame Nutzung der Offshore-Windparkflächen für Energiegewinnung und Aquakultur. An der Ostsee wird zum Teil Muschel- und auch Algenaquakultur betrieben, da sich die Gezeiten weniger stark wie in der Nordsee auswirken. Jedoch eignen sich aufgrund des geringen Salzgehaltes nicht alle Gebiete und Arten dafür.

Dr. Britta Grote arbeitet am Alfred-Wegener-Institut (AWI) und beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema Marine Aquakultur.

Wer Fische in Aquakultur halten möchte, muss jedoch nicht nur den Flächenverbrauch bedenken. Es gibt auch viele Umweltaspekte zu berücksichtigen. Tatsache ist, dass Aquakultur einen relativ schlechten Ruf hat – hervorgerufen durch die industriellen Fischfarmen vor Südamerika oder Südostasien, wo die intensive Zucht von Fischen und Garnelen oft zu einer Schädigung der umliegenden Natur geführt hat. Gefütterte Arten wie Fische oder Krebse entlassen Nährstoffe ins Wasser, was zu einer Überdüngung des umgebenden Ökosystems beitragen kann. Dieses Problem ließe sich durch die Zucht von Algen- und Muschelarten lösen, welche Nährstoffe konsumieren. Sie nehmen überschüssige Nährstoffe der gefütterten Arten auf und halten die Nährstoffbilanz somit im Gleichgewicht. Eine solche kombinierte Haltung von gefütterten und nährstoffzehrenden Arten nennt man integrierte multi-trophische Aquakultur (IMTA). Wir nutzen hier also einen natürlichen Filter – die Makroalgen – um die Fischzucht umweltfreundlich zu gestalten. Gleichzeitig stellen die Algen eine zusätzliche Einnahmequelle dar. Kurz gesagt: IMTA ist biologisches Recycling mit großem wirtschaftlichen Nutzen.

In meiner Forschungsarbeit untersuche ich deshalb, wie eine Mehrfachnutzung der Offshore-Gebiete um Windparks gestaltet werden muss, um Offshore-Aquakulturen nach dem IMTA- Konzept nachhaltig, umweltfreundlich und wirtschaftlich betreiben zu können. Die Offshore-Gebiete der Windparks sind für die Fischerei und die meisten anderen Offshore-Aktivitäten gesperrt, weshalb eine Co-Nutzung dieser Fläche mit der Aquakultur eine optimale Synergie ergibt. Vereinfacht dargestellt erforsche ich, welche Algen, Muscheln und Fische sich eignen und wieviel Zuchtfläche ich für welche Arten brauche, um sie im Offshore-Bereich der Nordsee zusammen in Zuchtanlagen nach dem IMTA-Konzept umweltfreundlich und wirtschaftlich zu kultivieren.

Unsere Forschungen am AWI haben gezeigt, dass die Algen und Muscheln an Offshore-Standorten meist gut wachsen, größtenteils sogar von besserer Qualität sind als die küstennäher gezüchteten, da es weniger konzentrierte Abwässer und keinen Parasitenbefall  gibt. Die gezüchteten Rot- oder Braunalgen haben je nach Algenart ein großes Verwertungspotential: sie finden Anwendung in der Kosmetikindustrie, Pharmaindustrie oder können auch als gesundes Lebensmittel auf unseren Speiseplan kommen.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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