Zum Wissenschaftsjahr 2018
Beeinflusst die Sonne den Ozean und das Klima?

Beeinflusst die Sonne den Ozean und das Klima?

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr. Katja Matthes

Beeinflusst die Sonne den Ozean und das Klima?

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr. Katja Matthes, Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian-Albrechts Universität zu Kiel

Der Tages- und Jahresgang der Sonne ist der Ofen in der Wetterküche auf der Erde. Dieser bestimmt die Temperaturen im Winter und Sommer, ob es regnet oder schneit, ob es stürmisch oder windstill ist. Aber welchen Einfluss hat die Sonne auf die Klimamaschine, d.h. das Wetter über 30 Jahre gemittelt? Wir wissen, dass sich das Klima der Erde verändert: Viele Regionen der Erde erwärmen sich auf Grund des menschgemachten Anstiegs von Treibhausgasen (insbesondere Kohlenstoffdioxid), Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt an und die Ozeane versauern. Wir wissen auch, dass die Ozeane das Klima beeinflussen. Ein Beispiel ist der Golfstrom im Nordatlantik, der für relativ mildes Klima bei uns in Europa sorgt.

Eine der zentralen Fragen ist nun, welche Rolle natürliche Klimaschwankungen spielen und ob wir diese bestimmen können, um so den menschgemachten Anteil des Klimawandels besser abschätzen zu können. Eine wichtige Rolle für natürliche Klimaschwankungen spielt die Variabilität der Sonne. Der Sonnenfleckenzyklus, bei dem sich alle neun bis 13 Jahre ein Maximum der Sonnenaktivität mit einem Minimum abwechselt, ist hier besonders interessant. Die UV-Strahlung der Sonne ist im Sonnenfleckenmaximum um bis zu zehn Prozent stärker und führt in der tropischen Hochatmosphäre in 50 Kilometer Höhe zu einer Temperaturerhöhung von etwa einem Grad. Die Erwärmung in den Tropen verstärkt die Temperaturunterschiede zu den Polen und führt so zu Zirkulationsänderungen in der Atmosphäre, die über komplizierte Wechselwirkungsmechanismen bis zur Erdoberfläche reichen.

Katja Matthes ist seit 2012 Professorin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Leiterin der Arbeitsgruppe „Physik der Atmosphäre“ am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR). Sie beschäftigt sich unter anderem mit dem Einfluss der Sonne auf das Klima.

In Erdoberflächennähe führt das zu einer Veränderung von regionalen Luftdruckmustern. Ein Beispiel für so ein regionales Druckmuster ist die Nordatlantische Oszillation (NAO), eine Luftdruckschaukel zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch, die das Winterwetter in Europa maßgeblich bestimmt. Stark ausgeprägte Druckmuster über Island und den Azoren führen zu stärkeren Westwinden und damit zu mehr Tiefdruckgebieten über dem Atlantik, die zu relativ warmen und milden Wintern in Europa führen. Umgekehrt hat man bei schwach ausgeprägten Druckmustern über dem Atlantik schwächere Westwinde und somit relativ kühle und schneereiche Winter in Europa. In Jahren starker Sonnenaktivität beobachtet man nun eine stärkere NAO und damit relativ nasse und warme Winter, während es in Jahren geringer Sonnenaktivität zu kalten und schneereichen Wintern kommt. Dieses Sonnensignal in der NAO findet man etwa zwei Jahre nach dem Maximum in der Sonnenaktivität und wird vermutlich durch ein Zusammenspiel von Atmosphären- und Ozeanströmungen über dem Nordatlantik verursacht.

In Klimamodellsimulationen mit und ohne elfjährigen Sonnenfleckenzyklus sehen wir, dass die Sonne offensichtlich den Takt für die Nordatlantische Oszillation angibt und einen Teil ihrer Schwankungen beeinflusst. Die Regelmäßigkeit des Sonnenfleckenzyklus ist für die Verbesserung der Wetter- und Klimavorhersage bis zu zehn Jahren im Voraus von besonderem Interesse.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Sonne eine wichtige Rolle für natürliche Klimaschwankungen spielt, insbesondere um den menschgemachten Anteil des Klimawandels genauer zu bestimmen. Die Sonne ist nicht für den starken Temperaturanstieg in den letzten Jahrzehnten verantwortlich, spielt aber für regionale Klimamuster und -vorhersagen eine wichtige Rolle.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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