Zum Wissenschaftsjahr 2018
Bodenschätze, die allen Staaten gehören

Bodenschätze, die allen Staaten gehören

Ein Expertenbeitrag von Dr. Henning Jessen, LL.M. (Tulane)

Bodenschätze, die allen Staaten gehören

Ein Expertenbeitrag von Dr. Henning Jessen, LL.M. (Tulane), World Maritime University, Malmö, Schweden Aufgrund der sich seit Jahren weltweit verknappenden Ressourcen (bei gleichzeitig steigendem Bedarf an speziellen Metallen, wie z. B. Kupfer, Nickel, Mangan und einer Vielzahl weiterer Spurenmetalle) rücken zunehmend die mineralischen Ressourcen des Meeresbodens in das Interesse von Wirtschaft, Politik und Forschung. Im Fokus stehen dabei Gesteine wie Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivfluide, deren Förderung für wirtschaftlich rentabel gehalten wird.

Dr. Henning Jessen, LL.M. (Tulane) ist Professor fuer Seerecht an der World Maritime University (WMU) in Malmö. Die WMU ist eine Bildungseinrichtung der Vereinten Nationen, die weltweit Führungskräfte in allen Bereichen ausbildet, die sowohl Schifffahrt und Transport als auch die Nutzung der Meere und Ozeane betreffen.

Aus seerechtlicher Sicht sind zwei Formen des Tiefseebergbaus zu unterscheiden: Zum einen der marine Bergbau unter Ausübung souveräner staatlicher Rechte von Küstenstaaten, namentlich auf den von Ihnen beanspruchten Kontinentalschelfen. Dieser ist juristisch streng vom marinen Bergbau außerhalb jeglicher nationaler Hoheitsrechte zu trennen. Letzterer betrifft nach der Terminologie des Teils XI des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) ein als „gemeinsames Erbe der Menschheit„ bezeichnetes Gebiet (Artikel 136 SRÜ), das aus diesem Grund auch als „Staatengemeinschaftsraum“ bezeichnet wird. Die dort befindlichen Mineralien gelten damit als Ressourcen aller Staaten, ein einseitig vorangetriebener Abbau von Ressourcen wäre völkerrechtswidrig.

Verwaltet wird der Tiefseeboden jenseits der staatlichen Hoheitsgebiete der Nationalstaaten durch eine Internationale Meeresbodenbehörde (IMB) mit Sitz in Kingston, Jamaika. Die IMB vergibt z. B. 15- bis 20jährige Lizenzen an Staaten oder Konsortien zur Erkundung und Erforschung (prospection and exploration) genau bestimmter Bereiche des Tiefseebodens. Ein besonderer Fokus wird dabei darauf gelegt, dass nicht nur reiche Staaten Zugriff auf die Bodenschätze erhalten und zukünftige „gerecht“ verteilt werden. Die IMB ist auch für den wirksamen Schutz der Meeresumwelt vor den möglichen schädlichen Auswirkungen aller Tätigkeiten des Tiefseebergbaus zuständig. Knapp 20 Staaten haben bislang Lizenzen durch die IMB erhalten, auch Deutschland besitzt seit 2006 eine Explorationslizenz für Manganknollen im Pazifik, im Jahr 2015 ist eine weitere Lizenz für Sulfidkrusten im indischen Ozean hinzugekommen. Zuständig ist in Deutschland die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums.

Der see-, umwelt- und bergrechtliche Rahmen für einen kommerziellen Abbau mineralischer Tiefseebodenressourcen wird bis spätestens 2020 entwickelt. Diese Tätigkeit ist derzeit die zentrale rechtspolitische Herausforderung für die IMB.

Die Meinungen darüber, ob es überhaupt zu einer kommerziellen Nutzung kommen oder der Meeresboden der Tiefsee insgesamt besser nicht angerührt werden sollte, sind in der öffentlichen Diskussion höchst unterschiedlich. Befürworter eines Abbaus aus Wirtschaft und Politik betonen v. a. die möglichen Marktchancen einer sich entwickelnden Meeresbergbauindustrie sowie den Aspekt der Versorgungssicherheit durch einen langfristigen Zugang zu metallischen Rohstoffen, der wiederum Voraussetzung für verschiedene Zukunftsindustrien ist. Skeptiker und Gegner aus Politik und Umweltschutzverbänden verweisen hingegen auf die nicht absehbaren Auswirkungen auf das empfindliche und bislang weithin unangetastete Ökosystem der Tiefsee. In dieser Diskussion wird die wissenschaftliche Beurteilung der mit dem Abbau wahrscheinlich oder potentiell auftretenden Schäden der Umwelt entscheidend sein.

Unabhängig davon, ob sich Länder am Tiefseebergbau beteiligen oder nicht, muss durch die IMB aber zwingend ein rechtsverbindliches Regelwerk geschaffen werden, das den Schutz der Meeresumwelt im Sinne SRÜ langfristig gewährleistet.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

Metadaten zu diesem Beitrag

Schlagworte zu diesem Beitrag:

Mehr zum Themenfeld: