Zum Wissenschaftsjahr 2018
Die Verschmutzung der Ozeane durch die kommerzielle Seefahrt

Die Verschmutzung der Ozeane durch die kommerzielle Seefahrt

Ein Expertenbeitrag von Dr. Silvia Frey

Die Verschmutzung der Ozeane durch die kommerzielle Seefahrt

Ein Expertenbeitrag von Dr. Silvia Frey, OceanCare

Rund 90 Prozent unserer Güter werden weltweit auf dem Seeweg transportiert. Die Handelsrouten zu Wasser umspannen den ganzen Erdball. Besonders dicht ist der kommerzielle Schiffsverkehr im Nordatlantik, im Mittelmeer und im Nordpazifik. Zehntausende von Frachtschiffen sind jährlich unterwegs. Hinzu kommen Hunderte von Kreuzfahrtschiffen und Fischereiflotten.

Die Schifffahrt hat zahlreiche negative Einflüsse auf die marine Umwelt. Die Regelung der Sicherheit der Handelsschifffahrt sowie der Verminderung/Verhinderung von Verschmutzungen durch die Schiffahrt obliegt der Internationalen Seeschifffahrt-Organisation (IMO). Für die Verhütung der Verschmutzung der Meere durch die Schifffahrt ist das internationale Übereinkommen MARPOL zentral. Das Übereinkommen wurde 1973 abgeschlossen und ist seit 1978 weltweit gültig. Es verpflichtet die Vertragsstaaten, das Einleiten von Schadstoffen wie Öl, Chemikalien und Müll durch den Schiffsbetrieb mittels spezifischer Vorschriften zu verhindern. Seit 2005 widmet sich MARPOL nicht nur der Gewässerverschmutzung sondern auch der Luftverschmutzung durch die Schifffahrt, indem insbesondere die Schwefeloxidemissionen vermindert werden sollen.

Dr. Silvia Frey ist Leiterin Wissenschaft und Bildung bei der international tätigen Meeresschutzorganisation OceanCare.

Öl ist die bekannteste durch die Schifffahrt verursachte Verschmutzung. Tankerunfälle sind meist mit schwerwiegenden Umweltschäden in marinen Ökosystemen verbunden. Der grösste Teil der Ölverschmutzung im Meer stammt jedoch von Abwässern vom Land und vom Auswaschen der Bilgen und Ballastwasserentleerungen auf See durch Handelsschiffe. Trotz dem Abkommen MARPOL gelangen mehrere Hundertausend Tonnen Öl jährlich nur durch den Schiffsbetrieb infolge von Unfällen und illegaler Entsorgung in die Weltmeere. Neben Rohöl gelangen auch chemische Schadstoffe, durch Unfälle von Frachtschiffen oder durch Entleerung der Tanks mit chemisch aufbereiteten Fäkalien, ins Meer.

Die atmosphärische Schadstoffbelastung durch die kommerzielle Schifffahrt mit Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen, Schwefel- und Stickoxiden sowie Feinstaub ist nicht unerheblich. Sie tragen zur Erwärmung und insbesondere durch die Kohlendioxidemissionen zur Versauerung der Ozeane bei. Letztere erschwert die Skelettbildung vieler Meeresorganismen wie Korallen aus Kalk, da Calciumcarbonat (Kalk) aufgrund seiner chemischen Pufferwirkung gegen die Verminderung des pH-Wertes des Meerwassers durch gelöstes Kohlendioxid verknappt.

Schiffe verfrachten verschiedene Meeresorganismen in ihrem Ballastwasser und am Rumpf in neue Gegenden, wo sie als invasive Spezies das lokale Ökosystem schädigen können. Die giftige Flüssigkeit Tributylzinn (TBT) wurde über Jahrzehnte als Anstrich bei Schiffen verwendet, um den Algen- und Pilzbewuchs an Schiffsrümpfen zu verhindern. Die IMO verbietet TBT in Schiffsfarben seit 2008, da die Substanz sehr toxisch für Wasserorganismen ist, hormonaktiv bei Muscheln wirkt und sich in der Nahrungskette und im Sediment anreichert.

Eine der größten, jedoch für uns Menschen nicht offensichtliche Gefährdung für Meerestiere ist Unterwasserlärm. Schiffe produzieren Tieffrequenztöne von 10Hz bis 1 kHz, die über enorme Distanzen hörbar sind und den am weitesten verbreiteten Lärm im Meer darstellen. Der Schiffslärm generiert unter Wasser einen stets präsenten akustischen „Nebel“, der natürliche Geräusche und Laute übertönt und so die Migrationsrouten von Meeressäugern stört, zu Kollisionen von Walen mit Schiffen führt und ihre Kommunikations- sowie Orientierungsfähigkeit einschränkt.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

 

 

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