Zum Wissenschaftsjahr 2018
Eiswinter an Nord- und Ostsee

Eiswinter an Nord- und Ostsee

Ein Expertenbeitrag von Dr. Jürgen Holfort

Eiswinter an Nord- und Ostsee

Ein Expertenbeitrag von Dr. Jürgen Holfort, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)

Wenn im Winter die Temperaturen unter null Grad Celsius fallen, kann sich an den deutschen Küsten der Nord- und Ostsee Meereis bilden. Das Meereis hat nicht nur einen Einfluss auf die Schifffahrt, sondern betrifft auch die Fauna und Flora des Meeres. Und bei Bauten am und im Meer (Seebrücken, Offshore-Windkraftanlagen) muss man auch die möglichen Auswirkungen des Eises auf diese Bauten bei der Planung und im Bau mitberücksichtigen.

Dr. Jürgen Holfort studierte physikalische Ozeanographie und leitet seit 2006 den deutschen Eisdienst am Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.

In moderaten Eiswintern beginnt die Eisbildung etwa Mitte Dezember in geschützten Bereichen der östlichen deutschen Ostseeküste; zum Jahreswechsel setzt dann auch in der Nordsee Eisbildung ein. Der Eiswinter geht dann in der Nordsee bis etwa Anfang Februar und in der Ostsee bis etwa Anfang März. In milden Wintern kann es vorkommen, dass sich gar kein Meereis bildet. Dem gegenüber kann sich in strengen Wintern das Meereis in der Nordsee bis hin nach Helgoland ausdehnen und in der Ostsee bedeckt es das gesamte Gebiet zwischen deutscher, dänischer und schwedischer Küste und verschwindet erst wieder Mitte April.

Erkennt man bei den Eiswintern einen zeitlichen Trend? Die natürlichen Änderungen von Jahr zu Jahr sind so groß, dass man für die Beantwortung dieser Frage längere Zeiträume betrachten muss. Zwei vor kurzem erschienene Eisatlanten der westlichen Ostsee und der Nordsee decken einen 50-jährigen Zeitraum ab. Dieser Zeitraum wurde dann in drei überlappende 30-jährige Zeiträume aufgeteilt. In der frühesten (1961-1990) wie auch in der spätesten Periode (1981-2010) traten zwar strenge Eiswinter auf, die Häufigkeit des Eisauftretens hat aber deutlich abgenommen. Was kann man daraus für den nächsten Winter schließen? Z. B. dass auch der nächste Winter noch ein strenger Eiswinter werden kann, nur ist die Wahrscheinlichkeit dafür jetzt sehr viel geringer als vor 50 Jahren.

Seit 1897 gibt es kontinuierliche Eismessungen an der deutschen Küste. Ein daraus abgeleiteter Index für die Stärke des Eiswinters zeigt längerfristige wie mittelfristige Schwankungen; insgesamt ist die Stärke der Eiswinter der letzten zwei bis drei Jahrzehnte aber auch sehr gering. Zeitlich noch weiter zurück kann man die Stärke der Eiswinter abschätzen aus historischen Aufzeichnungen von Hafenämtern, Schiffsunterlagen, Winterbeschreibungen usw. Für die deutsche Ostseeküste konnte so bis ins Jahr 1300 eine Abschätzung der mittleren Stärke der Eiswinter gemacht werden. Meist waren die Eiswinter strenger als heute, mit besonders strengen Perioden um etwa 1700 und 1800. Der früheste Zeitraum (etwa 1300-1400) war aber im Vergleich ähnlich mild wie heute. Dieser Zeitraum fällt wohl noch in den Bereich der mittelalterlichen Warmzeit.

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