Zum Wissenschaftsjahr 2018
Energiewende aus der Tiefsee – Vision oder Illusion?

Energiewende aus der Tiefsee – Vision oder Illusion?

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr. Peter Kukla

Energiewende aus der Tiefsee – Vision oder Illusion?

Ein Expertenbeitrag von Prof. Dr. Peter Kukla, Geologisches Institut RWTH Aachen Die Bedeutung mineralischer Rohstoffe für den gesellschaftlichen Fortschritt nimmt weltweit stetig zu. Im Rahmen der technologischen Entwicklung steigt vor allem der Bedarf an sogenannten Hochtechnologiemetallen wie u. a. Indium, Germanium, Seltene Erden und Kobalt, die für Zukunftstechnologien in den Bereichen Erneuerbare Energien und Elektromobilität in großen Mengen benötigt werden, kontinuierlich an. Laut des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen bis zum Jahr 2025 45 Prozent des Stroms in Deutschland aus Erneuerbaren Energien, wie Solarenergie und Windenergie, stammen. Um diese Technologien zu nutzen, sind eben diese Metalle für den Windkraft- und Solaranlagenbau essentiell wichtig. Aber mit der steigenden Nachfrage nimmt die Abhängigkeit zu Exportländern, wie beispielsweise China, das einen Großteil der bekannten Vorkommen für Seltene Erden besitzt, zu. Um mögliche Versorgungsrisiken zu minimieren, ist es nun das Ziel vieler Nationen, einen konstanten und risikofreien Zugang zu solchen Wertrohstoffen, für die in Deutschland und weiten Teilen der EU eine nahezu völlige Importabhängigkeit besteht, zu gewährleisten.

Prof. Dr.
Peter Kukla
ist Leiter des geologischen Institutes der RWTH Aachen.

Die Hochtechnologiemetalle sind in nur äußerst geringen Mengen in Gesteinen an Land enthalten (wenige Milligramm bis Gramm pro Tonne) und zudem kommen sie nur in wenigen Ländern weltweit vor. Man weiß jedoch, dass sie in Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiderzen der Tiefsee (3.500 – 6.500 m Wassertiefe) um ein Vielfaches angereichert sind. Daher spielt die Erschließung der Meere für neue Rohstoffvorkommen auch geopolitisch eine sehr wichtige Rolle. Der Großteil der Rohstoffvorkommen in den Meeren liegt in internationalen Gewässern und wird durch die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority, ISA), mit Sitz in Kingston/Jamaika, überwacht und geregelt. Hier wird auf eine gerechte Verteilung der Gebiete und möglichen späteren Gewinne geachtet. Derzeit werden ausschließlich Erkundungslizenzen vergeben und in wenigen Jahren wird es auch Lizenzen für den eigentlichen Abbau der Rohstoffe geben. Derzeit hat Deutschland zwei Erkundungslizenzen, eine im Pazifik für die Erkundung von Manganknollen und eine im Indischen Ozean für Massivsulfiderze.

Vor einem kommerziellen Abbau der Metalle sind laut Bundesregierung und dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) allerdings drei zentrale Herausforderungen zu lösen: Der umweltverträgliche Abbau der Rohstoffe, das Zusammenfügen der verschiedenen einzelnen Technologien zu einem Gesamtprozess, der in großer Wassertiefe einsetzbar ist, und nicht zuletzt die Produktion zu wirtschaftlichen Kosten. Aus diesem Grund beschäftigen sich seit zwei Jahren vier große Forschungsprojekte der Europäischen Union mit dem Thema „umweltverträglicher Meeresbergbau“. Im Rahmen des EU-Projektes „Blue Mining“ arbeitet die Wissenschaft eng mit der Industrie zusammen um neue Technologien für einen Nachhaltigen Tiefseebergbau zu entwickeln. Aus Deutschland ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, die RWTH Aachen University und die Technische Universität Bergakademie Freiberg sowie mit dem Groß-Bohrmaschinenhersteller MHWirth als Industriepartner mit dabei. Rohstoffingenieure und Geowissenschaftler aus Aachen beschäftigen sich maßgeblich mit numerischen Berechnungen von Lagerstättenmodellen als Basis für wirtschaftliche Machbarkeitsstudien und innovativen technischen Lösungen zur nachhaltigen Gewinnung von Manganknollen am Meeresboden.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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