Zum Wissenschaftsjahr 2018
Es liegt was in der Luft

Es liegt was in der Luft

Ein Expertenbeitrag von Dr. Volker Matthias

Es liegt was in der Luft

Ein Expertenbeitrag von Dr. Volker Matthias, Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht

Der Duft von Frühling liegt bisweilen in der Luft und die Seeluft wird immer wieder als besonders sauber bezeichnet. Fast unbemerkt mischen sich jedoch an der Küste – und das nicht nur im Frühling – weniger angenehme Gase und Partikel hinzu. Und diese spielen eine bedeutende Rolle für die Luftqualität in den Küstenregionen weltweit. Die Rede ist von Schiffsabgasen. Vor allem Stickoxide sind ein Problem, denn sie sind gesundheitsgefährdend. Zudem sind sie Vorläufergase für ebenfalls gesundheitsschädliche Aerosolpartikel und im Sommer auch für das giftige Ozon.

Schiffsabgase sind an der Nordseeküste für rund ein Viertel der Stickoxidkonzentration in der Luft verantwortlich. Das belegt eine umfassende Analyse, für die jedes einzelne kommerziell genutzte Schiff, das im Jahr 2011 auf der Nordsee unterwegs war, genauer betrachtet wurde. Größe, Schiffstyp, Motorenart, Kraftstoffverbrauch und nicht zuletzt die Route jedes Schiffes wurden erfasst und dessen Emissionen in die Atmosphäre berechnet. Mit einem komplexen Computermodell, einem sogenannten Chemietransportmodell, wurden daraus die Schadstoffverteilungen im Küstenraum abgeleitet.

Um herauszufinden, wie sich konkrete gesetzliche Maßnahmen auf die Schadstoffkonzentrationen in der Atmosphäre auswirken können, wurden anschließend vier verschiedene Szenarien zu zukünftigen gesetzlichen Regelungen entwickelt. Allen Szenarien gemein ist die Annahme, dass der Schiffsverkehr weiter zunehmen wird und dabei immer größere Schiffe eingesetzt werden. Ebenso geht man in allen Szenarien davon aus, dass alte Schiffe nach und nach durch neue, sauberere Schiffe ersetzt werden.

Es stellte sich heraus, dass ohne eine Verschärfung der heute geltenden gesetzlichen Schiffsabgas-Richtlinien die Konzentrationen von Stickoxiden in der Atmosphäre im deutschen Nordseeraum bis 2030 um etwa 25 Prozent ansteigen würden. Und sich damit die Luftqualität in den Küstengebieten der Nordsee weiter verschlechtern würde.

Schon um den Status Quo zu erhalten müssen strenge Richtlinien durchgesetzt werden. Für eine entscheidende Verbesserung der Luftqualität im Küstenraum bis zum Jahr 2030 wäre es notwendig, dass möglichst viele Schiffe den emissionsarmen Treibstoff Flüssiggas nutzen oder beim Einsatz von konventionellem Schweröl oder Schiffsdiesel Filteranlagen und Katalysatoren einsetzen. Denn obwohl der Seeverkehr in Bezug auf Kohlendioxid-Emissionen einer der umweltfreundlichsten Verkehrsträger ist, sind die Emissionen von Stickoxiden vergleichsweise hoch. Ab 2021 werden neugebaute Schiffe im Nord- und Ostseeraum diese Emissionen nach einem Beschluss der Internationalen Maritimen Organisation zwar entscheidend senken müssen. Weltweit geltende strengere Abgasregeln stehen aber noch aus.

Dr. Volker Matthias ist von Beruf Physiker und hat sich in seiner Doktorarbeit (2000) am Max-Planck-Institut für Meteorologie mit optischen Messverfahren für Aerosolpartikel beschäftigt. Seit 2003 arbeitet er am Helmholtz-Zentrum Geesthacht in der atmosphärischen Chemietransportmodellierung und ist dort Abteilungsleiter. In den letzten Jahren stehen Schiffsemissionen und ihre Wirkung auf die Luftqualität im Zentrum seiner Forschung.

Interessant ist, dass das Thema Luftverschmutzung durch Schiffe nicht nur die direkten Küstenregionen betrifft. Die Schiffsabgase werden durch den Wind verteilt und reagieren in der Luft vornehmlich mit Gasen aus der Landwirtschaft. So werden neue Aerosolpartikel gebildet, die über hunderte Kilometer durch die Atmosphäre transportiert und noch 500 Kilometer landeinwärts nachgewiesen werden können.

Der Wind ist auch bei der Suche nach alternativen Antrieben in der Schifffahrt ein Thema. Denn die Nutzung von Wind als Antrieb für die Handelsschifffahrt wird bereits eingehend als Möglichkeit zur Treibstoffersparnis und Alternative zum Schweröl untersucht. Vor dem Hintergrund, dass neben den Emissionen auch mit einem Anstieg der Kosten für Treibstoff zu rechnen ist, ein nicht nur für die Umwelt, sondern vielleicht auch für die Wirtschaft lohnendes Projekt.

 

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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