Zum Wissenschaftsjahr 2018
Japan und der Walfang

Japan und der Walfang

Ein Expertenbeitrag von Dipl. Biol. Nicole Hielscher

Japan und der Walfang

Ein Expertenbeitrag von Dipl. Biol. Nicole Hielscher, Thünen-Institut für Seefischerei Kommerzieller Walfang ist durch das sogenannte Moratorium der Internationalen Walfangkommission (IWC) seit 30 Jahren weltweit verboten. Es gibt jedoch eine Klausel unter Artikel VIII der sog. Konvention zur Regulierung des Walfangs (ICRW), welche einen begrenzten Fang zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt. Genau auf diese Klausel beruft sich Japan zur Durchführung seiner wissenschaftlichen Forschungsprogramme. Die Begründung ist, dass wissenschaftliche Langzeitstudien, am Beispiel Südpolarmeer, kaum bis gar nicht vorhanden sind und somit Japans Untersuchungen die einzig flächendeckenden, systematischen Langzeitdatenserien zur Biologie der Wale im Südpolarmeer liefern. Es wird argumentiert, dass diese Informationen helfen, die Dynamik und Interaktionen der Wale in ihrem marinen Ökosystem besser zu verstehen – und somit auch der Erhaltung der Walbestände dienen.

Die Meeresbiologin Nicole Hielscher ist Wissenschaftlerin/Forschungsreferentin am Thünen-Institut für Seefischerei in Hamburg und vertritt Deutschland im IWC Wissenschaftsausschuss.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) urteilte bereits im Jahr 2014, dass sich Japans Walfangprogramm in der Antarktis wissenschaftlich nicht rechtfertigen lässt und daher nicht mit den Vorgaben der Internationalen Walfangkonvention vereinbar ist. Hier besteht zudem noch ein weiterer Interessenkonflikt zum ICRW, da die Regularien nicht zulassen, „Nebenprodukte“ wie auch das gewonnene Walfleisch aus den „wissenschaftlichen“ Fängen kommerziell zu vermarkten (und damit finanziellen Profit aus einem Forschungsprogramm zu erwirtschaften). Daraufhin stellte Japan den Walfang zunächst ein, kündigte jedoch bereits Ende 2014 ein neues Forschungsprogramm mit Walfängen zu wissenschaftlichen Zwecken an.

Auch im Wissenschaftsausschuss der IWC wird intensiv über die erneute Aufnahme des wissenschaftlichen Walfangs durch Japan im Südpolarmeer diskutiert. Es fehlt an einer Rechtfertigung für die Anwendung letaler Methoden zur Probennahme und auch die für notwendig erachtete Anzahl zu fangender Wale lässt sich wissenschaftlich nicht begründen. Dass Japan Expertinnen und Experten anderer Nationen nur wenig Einsicht in die bereits gewonnenen Daten gewährt, lässt zusätzlich Zweifel an der Darstellung des wissenschaftlichen Zweckes des japanischen Walfang- und Forschungsprogramms aufkommen.

Dabei gäbe es durchaus wissenschaftlich anerkannte, alternative und damit nicht-letale Methoden der Probennahme, die ähnliche Ergebnisse liefern. So kann dem Wal mittels Beprobungspfeil eine kleine Gewebeprobe, zum Beispiel für genetische Untersuchungen, entnommen werden. Außerdem können die Meeressäuger mit sog. „Tags“, kleinen Mess-Sonden, versehen werden, die kontinuierlich z. B. Temperatur, Druck (Tiefe), Licht und weitere Parameter aufzeichnen und nach einer vorprogrammierten Zeit die Messdaten via Satellit an die Forscherinnen und Forscher senden. Solche Daten erlauben den Forscherinnen und Forschern Rückschlüsse auf Wanderungen, Tauchverhalten oder die Nutzung von Lebensräumen. Zusätzlich können via Satellitenüberwachung wertvolle Informationen einzelner Arten über deren bevorzugte Gebiete zur Nahrungssuche oder zur Aufzucht ihrer Jungen ermittelt werden.

Auf der IWC-Tagung im Oktober 2016 war der „wissenschaftliche Walfang“ Japans erneut ein wichtiger Punkt auf der Agenda. Hier wurde eine Resolution zur Verbesserung der Transparenz beim wissenschaftlich begründeten Walfang durch unabhängige Prüfung verabschiedet, welche die Voraussetzungen für neue „Forschungsprogramme“ im Sinne des Artenschutzes deutlich verschärft und die IWC in ihrer Kontrollfunktion stärkt.

Auch Japans Versuch, den „kleinen Küstenwalfang“ als neue Walfangkategorie zu etablieren, lehnten die Walschutzländer (vor allem die EU, Australien und Neuseeland) kategorisch ab.

Trotz all dieser Interventionen, internationalen Kritiken aber auch Neuerungen und Fortschritten hat die japanische Flotte ihren Walfang jedoch nur temporär nach dem Urteil des IGH eingestellt und weitet ihre Programme noch weiter aus – kurz nach der IWC-Tagung wurde bereits ein neues „Forschungsprogramm“ für den Nordpazifik vorgelegt.

 

Bitte konsumieren Sie möglichst nur nachhaltig gefischte Bestände von Fisch und Meeresfrüchten. Informieren Sie sich dazu beispielsweise in den einschlägigen Fischratgebern.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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