Zum Wissenschaftsjahr 2018
Meere, Mikroplastik und Mikroorganismen

Meere, Mikroplastik und Mikroorganismen

Ein Expertenbeitrag von Dr. Sonja Oberbeckmann

Meere, Mikroplastik und Mikroorganismen

Expertenbeitrag von Dr. Sonja Oberbeckmann, IOW Plastikprodukte sind ein nicht mehr weg zu denkender Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Leider hat sich dies auch auf das Meer übertragen: Egal ob an der Wasseroberfläche, in der Tiefsee, in Küstenbereichen, Meereswirbeln oder an den Polen, überall findet man Plastik. Schätzungen zufolge treiben über 250.000 Tonnen Plastikmüll an der Wasseroberfläche unserer Ozeane – der Großteil davon ist sogenanntes Mikroplastik. Bei Mikroplastik handelt es sich um Polymer-Partikel und Fasern von einer Größe bis zu 5 Millimeter.

Oft sagt man zu mir: „Das ist natürlich schlimm mit dem Plastik im Meer. Aber wir recyceln doch und tragen so gar nicht zu der Verschmutzung bei.“ Das Problem ist aber komplexer. Sowohl neue Industrie- als auch Recyclingpellets, aus denen die Plastikprodukte geformt werden, gehen aus den Produktionsstätten und beim Transport verloren und können sich dann in Flüssen und im Meer anreichern. Ebenso geraten kleinste Plastikpartikel aus Hygiene- und Kosmetikprodukten und synthetische Kleidungsfasern durch die Kanalisation über die Klärwerke in die Umwelt. Auch am Strand verbleiben regelmäßig Plastikprodukte, die sich durch UV-Licht und mechanischen Abrieb zu Mikroplastik zerteilen. Also gilt es den Plastikkonsum zu reduzieren und auf Kosmetikprodukte mit Plastik-Polymeren zu verzichten.

Dr. Sonja Oberbeckmann erforscht am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) den Einfluss von Umweltparametern auf mikrobielle Gemeinschaften im Meer. Dabei befasst sie sich besonders mit der Diversität und Struktur von mikrobiellen Biofilmen auf Mikroplastik.

Die Folgen der Mikro-plastikverschmutzung im Meer können derzeit noch nicht abgeschätzt werden, Tatsache ist aber, dass eine enorme Bandbreite an Meeresbewohnern Mikroplastik statt Nahrung aufnimmt. Aus Laborversuchen weiß man, dass dies für die Organismen u. a. verringerte Energiereserven, Gewebeentzündungen, und eine Störung der natürlichen Erkennung von Fraßfeinden zur Folge haben kann. Problematisch ist auch der Zusatz von Additiven (z. B. Weichmacher, Stabilisatoren, Farbmittel) zu den Polymeren, da sie aus dem Plastik in die Umwelt diffundieren.

Ein bisher kaum erforschter, dennoch wichtiger Aspekt bezüglich Mikroplastik im Meer ist dessen Eigenschaft, Mikroorganismen anzureichern und zu transportieren. Diese lagern sich generell gern an Partikel an, da ihnen dies Nahrung, Schutz, und andere Annehmlichkeiten bietet. Da Plastik im Meer vermutlich niemals vollständig abgebaut wird, ist Mikroplastik im Vergleich zu den meisten natürlichen Substraten eine haltbarere Oberfläche. Neben ungefährlichen Meeres-Mikroorganismen können theoretisch auch Krankheitserreger auf Mikroplastik wachsen, z. B., wenn sie „per Anhalter“ aus Kläranlagen mitfahren oder sich beim Durchlaufen von Tierdärmen auf die Plastikpartikel setzen. Diesen und anderen Aspekten gehen wir am Leibniz-Institut für Ostseeforschung in dem Projekt MikrOMIK (Mikroplastik als Vektor für mikrobielle Populationen im Ökosystem Ostsee) nach, um das Gefahrenpotential für die Ostsee besser abschätzen zu können.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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