Zum Wissenschaftsjahr 2018
Schutz vor Sturmfluten

Schutz vor Sturmfluten

Expertenbeitrag von Dr. Ralf Weisse

Schutz vor Sturmfluten

Expertenbeitrag von Dr. Ralf Weisse, Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht

Anfang des Jahres zog Sturmtief Axel über Deutschland hinweg und verursachte an den Küsten von Nord- und Ostsee zum Teil schwere Sturmfluten. Insbesondere an der Ostsee wurden dabei an manchen Pegeln die höchsten Wasserstände seit 2006 gemessen, und in den Medien wurde diskutiert, inwieweit solche Ereignisse außergewöhnlich sind.

Dr. Ralf Weisse leitet seit 2001 die Abteilung „Küstenklima“ am Institut für Küstenforschung am Helmholtz Zentrum Geesthacht. Er ist studierte Meteorologe und beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema Sturmfluten.

Sturmfluten sind ein weltweites Phänomen und treten an allen Küsten auf, die zum einen besonders flach und zum anderen regelmäßig von Stürmen heimgesucht werden. Insbesondere in tropischen Regionen wie zum Beispiel im Golf von Bengalen treten in Verbindung mit tropischen Wirbelstürmen regelmäßig Sturmfluten mit Höhen von bis zu etwa zehn Metern auf. Oftmals ist dabei eine Vielzahl von Todesopfern zu beklagen.

Auch an der deutschen Nord- und Ostseeküste sind Sturmfluten ein regelmäßig wiederkehrendes Phänomen. Den Bewohnerinnen und Bewohnern an der Nordseeküste sind dabei insbesondere die sehr schweren Sturmfluten von 1953 und 1962 in Erinnerung, bei denen es zu großräumigem Versagen von Küstenschutzanlagen kam und zahlreiche Menschen starben. Seit damals ist in Deutschland viel in den Küstenschutz investiert worden, so dass es seitdem trotz zum Teil höherer Wasserstände zu keinen gravierenden Verlusten mehr gekommen ist.

Sturmsaison ist bei uns in Deutschland im Herbst und im Winter. Deshalb beobachten wir an unseren Küsten die meisten Sturmfluten in der kalten Jahreszeit. Im Gegensatz dazu sind tropische Stürme an warme Wassertemperaturen gebunden und die von ihnen erzeugten Sturmfluten treten deshalb bevorzugt im Spätsommer auf.

Bei uns schwankt die Sturmaktivität von Jahr zu Jahr und auch von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Deshalb treten mal mehr, mal weniger Sturmfluten auf. Über lange Zeiträume betrachtet hat sich die Sturmaktivität bisher jedoch nicht systematisch verändert. Trotzdem laufen Sturmfluten heute zum Teil höher auf als noch vor 100 Jahren. Ein Grund ist der gestiegene Meeresspiegel, durch den Sturmfluten heute ein höheres Ausgangsniveau vorfinden. Vergleichen lässt sich das mit einem planschenden Kind in der Badewanne. Je voller die Wanne, desto weniger muss das Kind zappeln, um die Wanne zum Überlaufen zu bringen.

Im Kleinen konnte man das auch bei Sturmtief Axel beobachten. Eine Woche vor der Flut drückte langanhaltender Westwind vermehrt Wasser in die Ostsee, so dass die Wasserstände dort 30 bis 40 Zentimeter höher als gewöhnlich lagen. Der dann einsetzende Nordwind hatte anschließend ein vergleichsweise leichtes Spiel.

Wie sich die Sturmfluten bei uns in Zukunft entwickeln, wird wesentlich von zwei Faktoren bestimmt werden. Zum einen können systematische Veränderungen im Sturmklima dazu führen, dass sich in Zukunft die Intensitäten oder Häufigkeiten von Sturmfluten ändern. Zum anderen wird der weitere Anstieg des Meeresspiegels langfristig zu einer Verschärfung der Situation beitragen. Während Aussagen über zukünftige Veränderungen im Sturmklima derzeit nach wie vor mit hohen Unsicherheiten behaftet sind, kann von einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels mit Sicherheit ausgegangen werden. Unsicher ist hier lediglich die zu erwartende Größenordnung.

Im Küstenschutz wird dieser Unsicherheit mit einem Vorsorgemaß Rechnung getragen. So wird ein zukünftiger Meeresspiegelanstieg bereits heute bei der Deichbemessung berücksichtigt und die Planungen an die jeweils aktuellen Entwicklungen angepasst, damit auch weiterhin ein hohes Schutzniveau an den deutschen Küsten gewährleistet werden kann.

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