Zum Wissenschaftsjahr 2018
Seetransport wird noch sauberer

Seetransport wird noch sauberer

Ein Expertenbeitrag von Ralf Nagel

Seetransport wird noch sauberer

Ein Expertenbeitrag von Ralf Nagel, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder Als „Schiff der Zukunft“ gepriesen und mit Millionensummen öffentlich gefördert, begann die Seeschifffahrt in den 1980er-Jahren, von Diesel auf die Verbrennung von Schweröl umzustellen. Die Raffinerien freuten sich über die Möglichkeit, den Reststoff aus der Produktion von Destillaten wie Benzin oder Kerosin preiswert loszuwerden. Und die westliche Welt musste für eine nächste Ölkrise keine explodierenden Seetransportpreise befürchten.

Ralf Nagel ist seit Mitte Februar 2010 Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des VDR in Hamburg. Der gebürtige Karlsruher schlug nach dem Wehrdienst bei der Bundesmarine und dem Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Psychologie die politische Berufslaufbahn ein. Ab Mitte der 1990er-Jahre arbeitete er Nagel als Staatssekretär in verschiedenen Landesministerien sowie im Bundesverkehrsministerium. 2006 wechselte er in den Vorstand der Putz & Partner Unternehmensberatung AG. Vor seinem Wechsel zum VDR war der dreifache Familienvater von Juni 2007 bis Anfang 2010 Senator für Wirtschaft und Häfen sowie Senator für Justiz und Verfassung in Bremen.

Heute, nicht viel mehr als eine Schiffsgeneration später, soll die Schifffahrt den Kurs um 180 Grad drehen – hin zu sauberen Brennstoffen. Denn Ende Oktober 2016 hat der Umweltausschuss (MEPC) der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) wichtige Meilensteine dafür beschlossen. Die schärferen Grenzwerte für Schwefel- und Stickoxid-Abgase bedeuten faktisch das Aus für den bisherigen Schwerölbetrieb der Seeschiffe.

Im Jahr 2020 sinkt der zulässige Grenzwert von 3,5 Prozent Schwefel im Abgas der Schiffe um ganze 86 Prozent auf dann 0,5 Prozent. Mit gängigem Schweröl ist dieser Wert nicht zu erreichen. Alle Seeschiffe müssen entweder einen Scrubber, der die Abgase reinigt, nachrüsten oder Brennstoffe nutzen, die einen niedrigen Schwefelanteil haben.

Schon seit Anfang 2015 gelten in den sogenannten Emissionskontrollgebieten (ECA) besonders strenge Grenzwerte. Dazu gehören die nordamerikanischen Gewässer, die Karibik und vor unserer Haustür: die Nord- und Ostsee. Einzelne Häfen in Asien verfolgen die gleiche Politik. Denn gerade in Küstennähe und in den Häfen verbessern weniger Schadstoffe unmittelbar die Lebensqualität der Anwohner. Die Nutzung von Landstrom oder schwimmenden Mini-Gaskraftwerken während der Liegezeiten trägt zu noch sauberer Luft bei. Erste Projekte dazu gibt es auch in Deutschland.

Ab 2021 sollen laut IMO-Beschluss Nord- und Ostsee außerdem zum Sondergebiet für Stickoxid-Emissionen ausgewiesen werden. Für alle neu gebauten Schiffe gilt ab diesem Zeitpunkt ein so niedriger Grenzwert für Stickoxid-Abgase, dass er sowohl mit Schweröl, aber auch mit Diesel-Brennstoffen ohne einen Katalysator nicht zu erreichen ist. Dies könnte ein weiterer Treiber für das saubere Flüssiggas LNG sein, das großes Zukunftspotenzial für die Schifffahrt hat. Mit der neuen staatlichen Anschubförderung in Deutschland für die teure zusätzliche LNG-Technik an Bord, werden Investitionsrisiken für die Reedereien abgefedert und die Wettbewerbsbedingungen mit anderen EU-Staaten vereinheitlicht. Das ist nicht nur gut für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in einer echten Zukunftstechnologie - sondern auch für die Umwelt.

Der Seeverkehr ist für die Industrie und unseren Alltag unverzichtbar. Jetzt wird der moderne Seetransport noch sauberer als jemals zuvor. Dass alle Staaten im IMO-Umweltausschuss trotz der kontroversen Diskussion an einem Strang ziehen, unterstreicht erneut die Handlungsfähigkeit der IMO als globaler Gesetzgeber für die Schifffahrt.

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