Zum Wissenschaftsjahr 2018
Siegel-TÜV prüft die Qualität von mehr als 80 verschiedenen Fischzertifizierungen

Siegel-TÜV prüft die Qualität von mehr als 80 verschiedenen Fischzertifizierungen

Eine Experteneinschätzung von Dr. Christian von Dorrien

Siegel-TÜV prüft die Qualität von mehr als 80 verschiedenen Fischzertifizierungen

Eine Experteneinschätzung von Dr. Christian von Dorrien, Thünen-Institut für Ostseefischerei

Ein gutes Siegel zeichnet Fischereiprodukte als nachhaltig gefangen aus

Wer beim Einkauf nachhaltig gefangenen Fisch auswählen möchte, muss an Theken und Kühlregalen häufig sehr genau hinschauen: Denn Fisch, dessen Fang oder Produktion die Umwelt vermeintlich kaum schädigt, wird zwar durch Gütesiegel kenntlich gemacht. Aber die Anzahl dieser sogenannten Nachhaltigkeitssiegel ist inzwischen auf über 80 gestiegen – mit großen Unterschieden in der Güte und Glaubwürdigkeit ihrer Standards. Deshalb ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher häufig schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Das erste Nachhaltigkeits-Siegel wurde Ende der 1990er Jahre gegründet: Der Marine Stewardship Council (MSC) soll – genau wie alle nach ihm entwickelten Zertifizierungen auch – Konsumenten, Verarbeitungsunternehmen und Händler bei der Auswahl von Fischprodukten unterstützen.

Wer bewertet die Siegel?

Um Klarheit über die Qualität der Siegel zu schaffen, entwickelten Händler, Erzeuger und Verarbeiter gemeinsam mit einer deutschen Regierungsorganisation ein Werkzeug für den Vergleich verschiedener Fisch-Siegel: Die Global Sustainable Seafood Initiative (GSSI) bewertet mit einem „Siegel-TÜV“, ob das geprüfte Siegel glaubwürdig ist und ob es Mindestanforderungen für Nachhaltigkeitsstandards erfüllt: Diese Standards wurden schon vor vielen Jahren von der Welternährungsorganisation FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) entwickelt. Dabei gehen einige Siegel mit ihren Kriterien heute bereits über die FAO-Anforderungen hinaus: Sie sind in einzelnen Aspekten „strenger“ als verlangt.

Der Fischereibiologie Dr. Christian von Dorrien vom Thünen-Institut für Ostseefischerei ist dort Leiter des Bereiches Fischerei & Umwelt und Mitglied im Steuerungsgremium von GSSI.

Zu welchen Ergebnissen kommt die Bewertung?

Die Bewertung nach GSSI hat gerade erst begonnen. Bisher hat der Siegel-TÜV zwei Siegel für Produkte aus Meeresfisch-Wildfang anerkannt: die Standards des Alaska Responsible Fisheries Management (RFM) Programms und des Iceland Responsible Fisheries (IRF).

Das Siegel des Marine Stewardship Councils (MSC) befindet sich derzeit in Bewertung. Der MSC-Standard gilt als besonders vertrauenswürdig und ist der älteste und umfassendste für die Nachhaltigkeitszertifizierung von Wildfängen auf dem Markt. Das MSC-Siegel gilt aber gleichzeitig als sehr komplex und damit teuer in der Anwendung für eine Fischerei. Denn bevor Betriebe ihre Fischprodukte mit dem MSC-Siegel kennzeichnen dürfen, durchlaufen sie einen aufwändigen Zertifizierungsprozess. Sein Vorteil: Aufgrund der Komplexität gewährleistet er am Ende ein hohes Maß an Güte und Glaubwürdigkeit.

Andere Siegel setzen verschiedene Schwerpunkte und Bewertungsansätze. So untersuchen einige nur Beifänge einer bestimmten Tiergruppe und berücksichtigen nicht einmal den Zustand des Zielbestandes.

Bei anderen werden nur kleine Betriebe zertifiziert und das Einkommen der Fischerei steht im Vordergrund. Außerdem kommt es vor, dass es pauschale Vorgaben für die Menge der unerwünschten Beifänge gibt, selbst wenn diese höher als die üblichen Beifänge in bestimmten Fischereien sind. So reichen für das Siegel Friend of the Sea (FoS) Beifangquoten von pauschal acht Prozent des Gewichts eines gesamten Fangs aus, obwohl bei vielen Fischereien schon jetzt die Beifangraten nur bei durchschnittlich zwei Prozent liegen. Die Folge: Fischereien mit guten Fangpraktiken und zwei Prozent Beifang erlangen gegenüber Mitbewerbern mit schlechten Fangpraktiken und acht Prozent Beifang keinen Wettbewerbsvorteil.

Fazit

Dank des Siegel-TÜVs können sich Erzeuger, Verarbeiter und Händler für glaubwürdige Siegel entscheiden und dadurch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in zertifizierte Fischereiprodukte festigen. Außerdem schafft die Bewertung durch die GSSI Anreize, dass sich auch bereits etablierte Siegel weiter verbessern.

 

Bitte konsumieren Sie möglichst nur nachhaltig gefischte Bestände von Fisch und Meeresfrüchten. Informieren Sie sich dazu beispielsweise in den einschlägigen Fischratgebern.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2016*17 – Meere und Ozeane.

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