Zum Wissenschaftsjahr 2018
Tiefseebergbau: Risiken und Gefahren für die Umwelt?

Tiefseebergbau: Risiken und Gefahren für die Umwelt?

Ein Expertenbeitrag von Dr. Gerd Schriever

Tiefseebergbau: Risiken und Gefahren für die Umwelt?

Ein Expertenbeitrag von Dr. Gerd Schriever, Biolab Forschungsinstitut Hohenwestedt

In ständig steigendem Maße nutzt der Mensch die mineralischen Rohstoffe seines Lebensraumes. Alleine seit dem 18. Jahrhundert hat sich die Anzahl der vom Menschen genutzten Metalle mehr als verzehnfacht und an Land drohen bereits einige der Quellen zu versiegen. Da bleibt es nicht aus, dass auch in den Meeren nach Rohstoffen gesucht wird. Die Industrie ist während dieser Suche in den vergangenen Jahrzehnten auch in die Tiefsee vorgedrungen, in der Erzlagerstätten als Knollen- und Krustenformationen vorkommen und in Form weicher Schlammmassen oder harter Erzkörper auftreten.

Die Nutzung dieser Tiefseeressourcen wird stets mit einem Eingriff in das Ökosystem verbunden sein. Hier sind meereskundliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gefordert, die Auswirkungen auf die Ozeane zu erkennen und im Rahmen von Technikfolgeabschätzungen auf mögliche Gefahren für die Umwelt hinzuweisen. Unter dieser Prämisse ist in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das Projekt DISCOL (von „DIS"turbance and re„COL"onization abgeleitet) entwickelt worden, das 1989, gefördert vom damaligen Bundesministerium für Forschung und Technologie, begann. Anfangs vorwiegend biologisch orientiert, wurde das Vorhaben ab 1992 in enger Zusammenarbeit mit anderen ozeanographischen Disziplinen durchgeführt.

Dr. Gerd Schriever ist Gründer des 1993 ins Leben gerufenen Biolab Forschungsinstituts mit den Schwerpunkten Tiefsee-Umweltschutz und Küstenzonenmanagment. Gemeinsam mit Prof. Thiel entwickelte er ab 1988 das Projekt DISCOL, einen Forschungsansatz für groß-skalige Experimente zur Untersuchung der Einflüsse eines möglichen Manganknollenabbaus aus der Tiefsee. Er war von 1989 bis 1996 an 4 Expeditionen in das DISCOL-Gebiet beteiligt und unterstützte 2015 die wissenschaftliche Leitung der Sonne-Expedition als Supervisor. Er berät zum Thema Tiefsee-Umweltschutz und beteiligt sich an ersten Erarbeitungen für Regularien eines zukünftigen Tiefseebergbaus.

Das Hauptanliegen von DISCOL war und ist es, die Tierbestände in einem Manganknollengebiet (Abb.1) in ihrer Verteilung und Häufigkeit und – nach einer Störung ihres Lebensraums – die Wiederansiedlung der Tiere über einen langen Zeitraum zu verfolgen. Da ein kommerzielles Manganknollenabbaugerät nicht zur Verfügung stand, wurde eine sogenannte Pflugegge (Abb. 2) entworfen, mit der man eine ähnliche Störung auf dem Meeresboden (Abb .3) erzeugte, wie man sie bei einem kommerziellen Abbau nach unserem damaligen Kenntnisstand zu erwarten hatte.

Bis heute sind fünf Expeditionen mit dem Forschungsschiff SONNE zu dem Experimentierfeld im Südostpazifik unternommen worden.

Foto- und Videoaufnahmen vom Meeresboden zeigten uns direkt nach dem Einsatz der Pflugegge die von uns verursachten Störungen. Die folgenden Untersuchungen bis 2015 haben gezeigt, dass die Spuren selbst nach 26 Jahren noch so deutlich zu sehen sind, als wären sie gerade erst erzeugt worden und es in dem gestörten Gebiet zwar Ansätze einer Wiederbesiedlung gibt, die aber noch nicht abgeschlossen ist. Die Knollen fehlen als Lebensraum für die Tiere, die für ihr Überleben ein Hardsubstrat, vergleichbar einem felsigen Untergrund, benötigen. In den Arealen, in denen die oberen Sedimentschichten vollständig beseitigt wurden, sind kaum noch Lebewesen zu finden, nicht einmal Bakterien. Eine beunruhigende Tatsache, da hier offenbar die Nahrungskette unterbrochen wurde und sich auch nach 26 Jahren nicht regenerieren konnte.

Die Untersuchungen im DISCOL-Gebiet haben aber auch gezeigt, dass eine Wiederbesiedlung nach 26 Jahren in den direkt gestörten Flächen zwar eingesetzt hat, aber noch nicht beendet ist. Werden die obersten sauerstoffreichen Sedimentschichten, in welchen etwa 95 Prozent der Tiere leben, total zerstört und die Sedimente mit der Strömung verdriftet, so wird den Lebewesen dort unten nicht nur der Lebensraum genommen, es wird offenbar auch viele Dekaden dauern, bis sich wieder so viel Sediment und Nahrung von der Oberfläche hier unten gesammelt hat, bis erneutes Leben möglich ist.

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