Zum Wissenschaftsjahr 2018
Winterliche Strömungsphänomene im Meer

Winterliche Strömungsphänomene im Meer

Ein Expertenbeitrag von Dr. Werner Ekau

Winterliche Strömungsphänomene im Meer

Ein Expertenbeitrag von Dr. Werner Ekau, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Die Wintermonate sind nicht nur in Norddeutschland gekennzeichnet von kaltem und windigem Wetter. Auch vor Nordwestafrika herrschen dann starke Winde vor. Sie sorgen dafür, dass Oberflächenwasser von der Küste Richtung offenes Meer driftet.

Im Gegenzug kann nährstoffreiches Wasser aus tieferen Ozeanstockwerken an die Oberfläche steigen. Allerdings erreichen die Temperaturen nicht die niedrigen Werte wie an unseren Küsten. Mit 11 bis 14 Grad Celsius hat das Auftriebswasser eher moderate Temperaturen. Der Nährstoffreichtum regt Algenblüten auf der unteren Ebene des Nahrungsnetzes an, die eine enorme Produktion von Biomasse nach sich ziehen. Diese sind wiederum Grundlage für große Fischbestände und Seevögel und -säuger. Etwa 20 Prozent der weltweiten Fischfänge stammen aus solchen großen Auftriebsgebieten vor Kalifornien, Peru/Chile, Marokko/Mauretanien und Namibia/Südafrika.

Dr. Werner Ekau ist Leiter der Arbeitsgruppe Fischereibiologie und der Abteilung Ökologie am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen. Er arbeitet seit Jahren an Fragestellungen zu Auswirkungen von sinkendem Sauerstoff und steigender Temperatur auf den Nachwuchs der Fischbestände in Auftriebsgebieten.

Allerdings sind die Erträge in einigen der großen Auftriebsgebiete rückläufig. Im Benguelastrom vor Südwestafrika haben sich seit einer massiven Überfischung trotz vorsorge-orientiertem Management die Sardinenbestände nicht wieder erholt. Die Sardellenbestände im Humboldtstromsystem vor Chile sind auf einem der niedrigsten Werte seit langem; die Sardinen sind bereits seit einigen Jahren verschwunden. Wir wissen um die extrem hohe Dynamik dieser Systeme und darum, dass Schwankungen in der Produktion der Biomasse um den Faktor 10 von einem aufs andere Jahr vorkommen können. Die momentanen Änderungen und die Analyse der Umstände lassen jedoch wenig Hoffnung aufkommen, dass die Systeme und mit ihnen die Fischbestände wieder in einen „normalen“ Zustand zurückfinden.

Was können die Ursachen dafür sein? Das ZMT beschäftigt sich seit mehr als zwanzig Jahren mit den biogeochemischen und ökologischen Vorgängen in Auftriebsgebieten, vornehmlich im Benguelastromsystem vor den Küsten Angolas, Namibias und Südafrikas. Seit einigen Jahren forschen wir auch innerhalb eines Verbundprojekts vor der nordwestafrikanischen Küste.

Für den schlechten Zustand der Auftriebsgebiete werden momentan vor allem ansteigende Temperaturen und abfallende Sauerstoffkonzentrationen verantwortlich gemacht. Beide Faktoren sind klimaabhängig: Die mittleren Temperaturen im Ozean steigen seit Jahrzehnten stetig an. Das El Niño-Phänomen – eine periodische Klimaschwankung, bei der sich das Meerwasser vor allem im Pazifik deutlich erwärmt – scheint sich in Stärke und Frequenz verändert zu haben. Die Sauerstoffsättigung im Wasser ist temperaturabhängig. Zusammen mit veränderten Sauerstoffbedingungen wirken erhöhte Temperaturen auf die Lebensläufe der Arten und ihre Produktivität. Die Artenzusammensetzung verändert sich genauso wie die Räuber-Beute Beziehungen. Die Veränderungen sind nicht nur in der Fischerei sichtbar, auch Seevögel und -säuger müssen sich umstellen.

Der schlechte Zustand der Fischbestände in den Auftriebsgebieten ist also trotz ihres großen Anteils nicht allein der Fischerei zuzuschreiben, sondern wird durch großräumige Klimaveränderungen mitbedingt, die wiederum sehr stark vom Menschen verursacht bzw. verstärkt werden. Erhöhte globale Temperaturen und CO2-Konzentrationen übertragen sich direkt auf den Ozean. Ein weiterer Grund also, warum wir beim Klimaschutz sehr schnell handeln müssen.

Bitte konsumieren Sie möglichst nur nachhaltig gefischte Bestände von Fisch und Meeresfrüchten. Informieren Sie sich dazu beispielsweise in den einschlägigen Fischratgebern.

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